Umsatzsteuer: Aufteilung von Umsätzen mit unterschiedlichen Steuersätzen

In einem Verfahren über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, es sei ernsthaft zweifelhaft, ob das Aufteilungsgebot des § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG mit Unionsrecht vereinbar sei.

Sachverhalt

Dem Beschluss vom 7. März 2022 (Az. XI B 2/21) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Antragstellerin betrieb ein Hotel, in dem die Hotelgäste neben einem Frühstück auch kostenlosen Zugang zu einer hoteleigenen Badelandschaft (Spa) erhielten. Übernachtungen ohne Frühstück oder alleinigen Zugang zum Spabereich bot die Antragstellerin nicht an.

Bis Ende 2016 teilte die Antragstellerin die Umsätze auf und wies in ihren Rechnungen die Übernachtungen mit Umsatzsteuer in Höhe von 7 % und das Frühstück und den Spazutritt mit Umsatzsteuer in Höhe von 19 % aus.

Ab 2017 vertrat die Antragstellerin die Auffassung, dass es sich um eine einheitliche Leistung handelt, die in voller Höhe dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegt. Nachdem das Finanzamt die Umsatzsteuer zunächst erklärungsgemäß festgesetzt hatte, vertrat es nach einer Außenprüfung die Auffassung, dass Übernachtung, Frühstück und Spa jeweils eigenständige Leistungen sind, von denen lediglich die Übernachtung dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterfällt. Es änderte daher die Umsatzsteuerfestsetzungen entsprechend ab. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Finanzamt und Finanzgericht lehnten eine Aussetzung der Vollziehung ab. Dabei beriefen sie sich auf die ständige Rechtsprechung des BFH, nach der das in § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UstG normierte Aufteilungsgebot unionsrechtskonform sei.

Die Entscheidung

Der BFH stellte zunächst klar, dass nach den nationalen Regelungen in § 12 Abs. 2 Nr. 11 UstG nur diejenigen Leistungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen, die unmittelbar der Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden dienen. Frühstücksleistungen und der Zutritt zum Spabereich gehörten nicht dazu – auch dann nicht, wenn diese weiteren Leistungen als Nebenleistungen zu der ermäßigt besteuerten Hauptleistung erbracht werden. Die Leistungen seien daher nach den nationalen Regelungen aufzuteilen.

Zwischenzeitlich habe jedoch der EuGH im Urteil „Stadion Amsterdam“ vom 18.01.2018 (C-463/16) entschieden, dass eine einheitliche Leistung, die aus einem Haupt- und einem Neben-„Bestandteil“ besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Umsatzsteuersätze gelten würden, nur mit dem Steuersatz zu besteuern ist, der sich für den Hauptbestandteil ergibt.

Insofern hat der BFH Zweifel daran, ob das nationale Aufteilungsgebot in § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG nicht durch ein höherrangiges Gebot, nach dem unselbständige Leistungen stets das Schicksal der Hauptleistung teilen, verdrängt wird. Das hätte dann zur Folge, dass neben der Hauptleistung „kurzfristige Vermietung zur Beherbergung Fremder“ die weiteren unselbständigen Nebenleistungen „Frühstück“ und „Zutritt zum Spabereich“ ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würden.

Da der V. Senat des BFH mit Beschluss vom 26.05.2021 (V R 22/20) inzwischen dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob das nationale Aufteilungsgebot in der korrespondierenden Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist, bestünden nunmehr ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des nationalen Aufteilungsgebots

Aufgrund dieser ernsthaften Zweifel sei die beantragte Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Fazit

Das Urteil könnte über den unmittelbaren Anwendungsfall (Aufteilung von Hotelübernachtungskosten und Nebenleistungen wie Frühstück, Zutritt zum Wellnessbereich oder z.B. ein kostenpflichtiger W-LAN-Zugang) auch Auswirkungen auf andere Bereiche haben. Man denke hier beispielsweise an die Überlassung von Sportanlagen nebst Sportgeräten.

Autoren: StB Matthias Beier, RA Jörg Bittscheidt