Die aktuelle geopolitische Lage färbt direkt auf die deutsche Energieversorgung ab. Nie zuvor hatte die Energiewende einen höheren Stellenwert als heute. Die Transformation von fossilen hin zu erneuerbaren Energien kann allerdings nur mit geeigneten Digitalisierungsmaßnahmen gelingen. Zentraler Bestandteil ist dabei die Digitalisierung des Messwesens durch den Smart-Meter-Rollout. Smart-Meter helfen dabei, Verbrauch und Erzeugung unter Berücksichtigung volatiler dezentraler Erzeugung, Sektorenkopplung und allgemeiner Elektrifizierung (z. B. durch die Verkehrswende) in Einklang zu bringen.
Die Bedeutung der Smart-Meter ist auch in der Regierung angekommen – bereits im Koalitionsvertrag wurde die Beschleunigung des Rollouts thematisiert. Diesen Prozess begleitet EY im Auftrag des BMWK durch ein jährliches Barometer zum Stand der Digitalisierung im Kontext Energiewende.
Im Berichtsjahr 2021 konnten kleine Fortschritte beim Rollout der Smart-Meter erkannt werden. Trotz regulatorischer Dämpfer wie z. B. der Eilbeschluss des OVG Münster vom 04. März 2021 und den damit verbundenen Unsicherheiten der Branche im Bereich Planung und Wirtschaftlichkeit war eine deutliche Steigerung der Rolloutzahlen und der aktiven Unternehmen zu verzeichnen.
Mit dem Barometer sprechen die Gutachter auch Empfehlungen zur Beschleunigung und Vereinfachung aus. So auch im Berichtsjahr 2021:
- Beschleunigung netzdienlicher Einbaufälle und somit stärker Fokus auf die Digitalisierung und Flexibilisierung der Verteilnetze.
- Zügige Weiterentwicklung der Fähigkeit zum Steuern flexibler Anlagen wie z. B. Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen oder Ladesäulen und damit die Möglichkeit zur effizienteren Nutzung der Verteilnetze.
- Stärkung der Zusammenarbeit von (grundzuständigen) Messstellenbetreibern (MSB) und Lösungsanbietern im Bereich Energiewende durch z. B. einheitliche Prozesse für eine vorzeitige Ausstattung von Messtellen mit einem iMSys
- Prüfung eines Konzeptes für einen digitalen Netzanschluss und damit einen standardisierten, bidirektionalen Zugang in die Liegenschaften.
- Übergreifende Koordination der Digitalisierung des Energiesystems als Gesamtvorhaben durch eine operative und fachliche Projektleitung des BMWK.
Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung (GNDEW) wurden zentrale Punkte der vergangenen Berichtsjahre aufgegriffen und um weitere Impulse der Branche ergänzt. Ziel ist eine Beschleunigung des Rollouts. Zentrale Themen des GNDEW sind u. a.:
- Agiler Rollout: Der Einbau von iMSys kann sofort beginnen und durch Software-Updates nachträglich um fehlende Funktionalitäten aufgerüstet werden.
- Wegfall der Marktanalyse und der Markterklärung. Die Drei-Hersteller-Regel fällt weg - damit wird das Tempo vom innovativsten Hersteller bestimmt.
- Beteiligung der Netzbetreiber an den Kosten für den Ausbau der Smart-Meter-Technologie. Der Nutzen des Rollouts soll verstärkt auf die VNBs ausgelegt werden. Dies soll sich auch in der Kostenteilung widerspiegeln.
- Verpflichtung der grundzuständigen MSB zum Einbau von Smart-Metern auf Wunsch von Dritten mit dem Ziel, Mehrwertservices aktiv bei Kunden ohne Einbindung eines wettbewerblichen MSB zu ermöglichen.
- Stärkung der Rolle des BMWK als übergreifender Projektmanager und Konzentration des BSI auf die technische Standardisierung.
Das GNDEW befindet sich derzeit noch im Gesetzgebungsprozess. Der aktuelle Entwurf wird grundsätzlich von einer Vielzahl der betroffenen Akteure begrüßt – Verbände haben jedoch insbesondere zu Fragen der Finanzierung und Verantwortlichkeiten bereits Redebedarf angekündigt. Das BMWK legt damit einen ersten Grundstein zur Beschleunigung. Dieser Pfad muss nun konsequent – im offenen und fairen Dialog mit der Branche – weiterbeschritten werden.
Interesse am Digitalisierungsbarometer? Gerne stellen wir Ihnen den Bericht zur Verfügung. Außerdem stellen wir Ihnen gerne unsere weiteren Serviceleistungen im Bereich Digitalisierung, Prozesse und Produktentwicklung vor.
Die Digitalisierung durch Smart Meter ist ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energiewende - insbesondere in den Verteilnetzen. Das GNDEW greift zentrale Stellhebel zur Beschleungiung auf. GMSBs und VNBs müssen jetzt handeln und zeitnah strategische Weichen stellen.
Autoren: Mathias Kaniut, Carsten Tessmer