Mit dem Jahressteuergesetz 2022 sollen unter anderem notwendige Anpassungen an EU-Recht umgesetzt und auf die Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs reagiert werden. Außerdem hat das Bundeministerium der Finanzen (BMF) am 08.09.2022 den Referentenentwurf für ein „Inflationsausgleichsgesetz“ bekannt gegeben. Beide Regierungsentwürfe wurden am 14.09.2022 vom Bundeskabinett beschlossen. Es folgt ein Überblick insbesondere der für (grenzüberschreitend agierende) Arbeitnehmer und Arbeitgeber wesentlichen Änderungen.
„Inflation ist, wenn man 15 Dollar für einen Haarschnitt bezahlt, der nur 10 Dollar wert ist und früher einmal, als man noch genug Haare auf dem Kopf hatte, 5 Dollar gekostet hat.“
Sam Ewing (*1949), früherer Baseball-Spieler für die Chicago White Sox und die Toronto Blue Jays
Jahressteuergesetz 2022
Abzug von Rentenversicherungsbeiträgen
Die Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung war auf eine nachgelagerte Besteuerung in der Rentenbezugsphase umgestellt worden. Dabei sollte der Abzug insbesondere der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Sonderausgaben jährlich um 2 Prozentpunkte steigen.
Das Jahressteuergesetz 2022 zieht nun den vollständigen Sonderausgabenabzug auf das Jahr 2023 vor. Bisher ist gesetzlich geregelt, dass diese Altersvorsorgeaufwendungen erstmals im Jahr 2025 zu 100 Prozent als Sonderausgaben berücksichtigt werden können (§ 10 Abs. 3 Satz 6). Dabei ist der Höchstbetrag nach § 10 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen.
Die Änderung ist aufgrund der Urteile des Bundesfinanzhofs vom 19.05.2021 (Az. X R 20/19 und X R 33/19) erforderlich und setzt eine im Koalitionsvertrag vereinbarte Maßnahme um. Sie soll dazu beitragen, langfristig eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden. Zur Umsetzung im Lohnsteuerabzugsverfahren wird § 39b Abs. 4 EStG aufgehoben.
Riester-Förderung
Das Jahressteuergesetz 2022 nimmt eine Reihe von Änderungen bei der Riester-Förderung vor. Sie sollen im Wesentlichen der Vereinfachung dienen und den Verwaltungsaufwand reduzieren. Der Gesetzgeber möchte unter anderem der auch im Berufsleben zunehmenden Globalisierung Rechnung tragen. Daher ist künftig die Rückzahlung der Förderung bei Aufenthalt im Ausland nur noch ab Beginn der Auszahlungsphase zu prüfen.
Laut Gesetzentwurf ist die Altersvorsorgezulage nicht mehr zurückzuzahlen, wenn eine anspruchsberechtigte Person während der Ansparphase in ein Land außerhalb der EU bzw. des EWR zieht oder sich ihre abkommensrechtliche Ansässigkeit in einen Drittstaat verlagert. Es sind keine besonderen Mitteilungspflichten und Fristen mehr zu beachten.
Bisher bestand in diesem Fall lediglich die Möglichkeit, die Stundung und ggf. später bei Rückkehr aus dem Ausland den Erlass zu beantragen. Diese Regelungen entfallen künftig. Der Verweis in § 10a Abs. 6 Satz 4 auf die Stundungsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem entsprechenden Sonderausgabenabzug wird daher auch gestrichen.
Befindet sich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des oder der (ehemals) Zulageberechtigten zu Beginn oder während der Auszahlungsphase außerhalb eines EU-/EWR-Staates, sind die Rückzahlungsbeträge nach § 94 EStG festzusetzen und zu erheben. Es gelten künftig nur noch die allgemeinen Stundungsregelungen der Abgabenordnung.
Homeoffice-Pauschale
Die Pauschale sollte ursprünglich zum 31.12.2022 auslaufen. Das Jahressteuergesetz 2022 hebt diese Befristung nun auf. Danach sollen Steuerpflichtige dauerhaft für jeden Kalendertag, an dem sie ausschließlich zuhause arbeiten, Werbungskosten in Höhe von fünf Euro geltend machen können. Die Pauschale wird unabhängig davon gewährt, ob die Tätigkeit in einer Arbeitsecke oder im häuslichen Arbeitszimmer erfolgt. Es spielt auch keine Rolle, ob das Homeoffice der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit ist oder ob ein anderer Arbeitsplatz existiert. Die Pauschale ist ab 2023 auf höchstens 1.000 Euro (bisher 600 Euro) begrenzt.
Anhebung des Sparer-Pauschbetrags
Derzeit beträgt der Sparer-Pauschbetrag 801 Euro (1.602 Euro für Verheiratete/Lebenspartner). Das Jahressteuergesetz 2022 sieht eine Erhöhung auf 1.000 bzw. 2.000 Euro (Ehegatten/Lebenspartner) vor (§ 20 Abs. 9 EStG). Um die technische Umsetzung einfach zu gestalten, werden bereits erteilte Freistellungaufträge prozentual erhöht.