Das Thema Equal Pay macht seit einigen Jahren immer wieder Schlagzeilen, sei es durch Analysen wie beispielsweise des Gender Pay Gap, der 2020 laut Statistischem Bundesamt bereinigt bei 6 Prozent und unbereinigt bei 18 Prozent lag, oder die Equal-Pay-Richtlinie (2021/0050 [COD]), die europaweit für mehr Lohntransparenz sorgen soll. Die durch die neue Richtlinie geforderten Neuerungen sollen Lohndiskriminierungen entgegenwirken und beschränken sich dabei nicht nur auf geschlechtsspezifische Faktoren, sondern sind deutlich weiter gefasst.
Umfangreiche Informationspflichten
Die Richtlinie legt fest, dass Unternehmen die Vergleichbarkeit ihrer Stellen anhand objektiver Kriterien bewerten und mögliche Entgeltunterschiede analysieren müssen. Die Beschäftigten sollen Zugang zu den geschlechtsunabhängigen und objektiven Kriterien haben, die zur Festlegung ihres Lohns und ihrer beruflichen Laufbahn herangezogen werden. Zudem sind Informationen über die Höhe des individuellen Lohns und des Durchschnittslohns von Beschäftigten bereitzustellen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten (aufgeschlüsselt nach Geschlecht).
Unternehmen haben zusätzlich die anfängliche Lohnhöhe oder die Lohnspanne anzugeben, die künftigen Mitarbeitenden gezahlt werden soll – entweder in der Stellenausschreibung oder vor Abschluss des Arbeitsvertrags. Die Richtlinie gilt für Unternehmen im öffentlichen wie auch im privaten Sektor.
Noch weitreichender werden die Pflichten für Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten. Diese müssen Informationen wie das Lohngefälle zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten ihrer Organisation offenlegen, begründen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verringerung des Lohngefälles ergreifen.
Wie wirkt sich das auf die Praxis aus?
Unternehmen müssen Voraussetzungen schaffen, um ein mögliches Lohngefälle bei Mitarbeitenden, die gleiche oder gleichwertige Arbeit ausführen, sinnvoll messen zu können. Im ersten Schritt sollten alle Stellen und deren relative Wertigkeit innerhalb des Unternehmens erfasst werden. So kann identifiziert werden, welche Stellen miteinander vergleichbar sind. Doch welche Faktoren sind hier heranzuziehen?
Nach der EU-Richtlinie müssen Unternehmen Instrumente oder Methoden zur Bewertung und zum Vergleich des Werts der Arbeit im Einklang mit einer Reihe objektiver Kriterien und der Art der dabei wahrgenommenen Aufgaben festlegen. Zu den objektiven Kriterien zählen etwa Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsanforderungen, Qualifikationen, Belastung und Verantwortung und ausgeführte Arbeit.
Eine Stellenbewertung, die den Anforderungen der Richtlinie entspricht, ist die Grundlage für eine Equal-Pay-Analyse. Sie wird Unternehmen dabei helfen, Stellen anhand objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien besser zu kategorisieren und zu vergüten. Zusätzlich wird die Richtlinie zu neuen Herausforderungen im Reporting wichtiger HR-Kennzahlen führen.
Ausblick
Das Europäische Parlament und der Rat haben sich am 15.12.2022 über die Richtlinie zur Lohntransparenz geeinigt. Sie muss nun noch förmlich gebilligt werden und tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Sollte die Richtlinie gebilligt werden, hätten die Mitgliedstaaten drei Jahre Zeit, um die Inhalte in ihr jeweiliges nationales Recht zu überführen.
Diese Änderungen würden auch über derzeit in Deutschland geltende Entgelttransparenzregelungen hinausgehen. In Anbetracht der Tatsache, dass 2020 lediglich zehn Mitgliedstaaten verpflichtende Lohntransparenzregelungen im nationalen Recht verankert hatten, wird sie zudem zu weitreichenden Neuerungen in der Vergütungslandschaft Europas führen.