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Auslandseinsatz ohne A1-Bescheinigung

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LSG klärt anzuwendendes Sozialversicherungsrecht

Eine A1-Bescheinigung ist nicht zwingend notwendig, damit bei einer Entsendung nach Deutschland nicht das deutsche Sozialversicherungsrecht anzuwenden ist. Doch wenn keine A1-Bescheinigung beantragt bzw. erteilt wurde, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass eine Entsendung i. S. v. Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorliegt. So das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg (Urteil vom 19.03.2024, L 14 BA 111/18).

Zeitlich begrenzter Einsatz in Deutschland ohne A1-Bescheinigung

Die Klägerin, ein bulgarisches Unternehmen, beschäftigte unter anderem bulgarische Arbeitnehmer, die 2014 in den Monaten Juni und Juli für sie in Deutschland tätig waren. Die beklagte deutsche Behörde forderte nach einer Betriebsprüfung Beiträge zur Sozialversicherung und Umlagebeträge nach und erhob hierauf Säumniszuschläge. Dies betraf namentlich bekannte, aber auch unbekannte Arbeitnehmer.

Nach erfolglosem Widerspruch erhob das bulgarische Unternehmen Klage. Die betreffenden Beschäftigten seien in Bulgarien angestellt und sozialversichert. A1-Bescheinigungen über die Versicherungspflicht in Bulgarien konnte es nicht vorlegen. Das Sozialgericht wies die Klage ab und das Unternehmen legte daraufhin Berufung vor dem LSG ein.

Deutsches Sozialversicherungsrecht ist anzuwenden …

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts war im Ergebnis nur teilweise erfolgreich, nämlich im Hinblick auf die Höhe der geschätzten Beiträge, Umlagen und Säumniszuschläge für die namentlich nicht bekannten Arbeitnehmer. Laut LSG finden im Streitzeitraum auf alle Arbeitnehmer der Klägerin, die für sie in Deutschland Arbeitsleistungen erbracht haben, die Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts Anwendung.

… weil keine Entsendung vorlag

Die Anwendung des bulgarischen Rechts scheiterte allerdings nicht daran, dass die Klägerin keine sog. A1-Bescheinigung beantragt und erhalten hatte, sondern daran, dass sie vor dem betroffenen Zeitraum nicht gewöhnlich in Bulgarien tätig war und somit keine Entsendung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 der Grundverordnung vorlag.

Die Rechtsvorschriften des Entsendestaats sind jedoch nur anzuwenden, wenn der entsendende Arbeitgeber dort gewöhnlich tätig ist. Nach den Feststellungen des LSG sprachen mehrere Faktoren dafür, dass die Klägerin vor Mai 2014 nicht – wie erforderlich – gewöhnlich in Bulgarien tätig war, also einer ernsthaften Geschäftstätigkeit nachging. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die betreffende Person vor ihrer Entsendung bereits in dem Mitgliedstaat, in dem ihr Arbeitgeber gewöhnlich tätig ist, für dessen Rechnung eine Beschäftigung ausgeübt hat.

Handlungsempfehlung

Auch wenn laut LSG Berlin-Brandenburg eine A1-Bescheinigung nicht zwingend erforderlich ist, damit das Sozialversicherungsrecht des Entsendestaates Anwendung findet, empfiehlt es sich, die entsprechen Bescheinigungen vor Beginn einer Entsendung bzw. zeitnah einzuholen.

Sollte dies im Einzelfall versäumt worden sein, können sich Arbeitgeber insbesondere auf dieses Urteil berufen und ggf. auf andere Weise belegen, dass die Voraussetzungen für den Verbleib im Sozialversicherungssystem des Heimatstaats gegeben sind. Ergänzend hierzu ist zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof grundsätzlich auch bestätigt hat, dass A1-Bescheinigungen rückwirkend beantragt werden können. Diese Option sollte vorrangig genutzt werden.

Insbesondere wenn – wie im Urteilsfall – das entsendende Unternehmen neu gegründet wurde oder es im Entsendestaat keine gewöhnliche Geschäftstätigkeit hat, sollte sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Sozialversicherungsrechts des Staates erfüllt sind.

Ihre Kontaktpersonen für diesen Artikel: Nancy Adam, Thorsten Koch