- Der Gesamtumsatz der DAX-Unternehmen sank im ersten Quartal 2024 um 3,6 Prozent
- Finanzbranche steigert den Gewinn um 20 Prozent, Industrieunternehmen verzeichnen Gewinnrückgang um 7 Prozent
- Umsatzentwicklung in Europa mit plus zwei Prozent am besten – Umsätze in Asien und Nordamerika rückläufig
- Mitarbeiterzahl steigt weiter
Die deutschen Top-Konzerne sind schwach ins Jahr gestartet: Im ersten Quartal verzeichneten die DAX-Unternehmen einen Umsatzrückgang um 3,6 Prozent, der operative Gewinn sank insgesamt um 1,9 Prozent – dabei erzielten die Unternehmen aus der Finanzbranche ein Gewinnplus von 20 Prozent, die Industrieunternehmen hingegen einen Gewinnrückgang um sieben Prozent.
Vor allem die Unternehmen aus der Automobilbranche mussten nach den Rekordgewinnen im Vorjahr nun schwächere Zahlen melden: In Summe ging der Umsatz der im DAX vertretenen Autohersteller und -zulieferer um 2,1 Prozent zurück, der Gewinn brach sogar um ein Viertel ein.
Das gewinnstärkste Unternehmen war im ersten Quartal die Deutsche Telekom, die einen operativen Gewinn von 5,7 Milliarden Euro erwirtschaftete, vor Volkswagen und BMW (4,6 bzw. 4,1 Milliarden Euro). Ein DAX-Unternehmen wies einen operativen Verlust aus.
16 DAX-Konzerne konnten ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern, 21 Unternehmen verzeichneten hingegen einen Umsatzrückgang. Die höchsten Zuwachsraten erzielten die Deutsche Börse, Rheinmetall und Airbus. Über rückläufige Umsätze berichteten neben den Automobilunternehmen vor allem Unternehmen aus der Chemiebranche sowie die Energiekonzerne.
Wie schon im Vorjahr liefen die Geschäfte auf dem europäischen Absatzmarkt besser als in anderen Regionen: In Europa stiegen die Gesamtumsätze im ersten Quartal um zwei Prozent – in Nordamerika wurde hingegen ein Umsatzrückgang um vier Prozent registriert, in Asien schrumpften die Umsätze sogar um elf Prozent. Bei der Beschäftigung hing es hingegen weiter aufwärts: In Summe stieg die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um 0,9 Prozent auf den Rekordwert von 2,9 Millionen.
Das sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf der Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der derzeit im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen.
„Die schwache weltweite Konjunkturentwicklung hinterlässt zunehmend Spuren in den Bilanzen der DAX-Konzerne“, sagt Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY. „Die Industrienachfrage bleibt auf einem niedrigen Niveau. In vielen Branchen sind Überkapazitäten, hohe Kosten und Preiskämpfe zu beobachten.“
„Vor allem in der Automobilindustrie ist die Party vorbei“, ergänzt Mathieu Meyer, Partner bei EY. „Die Branche ist mit vielen Herausforderungen konfrontiert: dem schleppenden Hochlauf der Elektromobilität, einer zurückhaltenden Kundennachfrage und hohen Materialkosten. Traummargen wie im vergangenen Jahr lassen sich in diesem Umfeld kaum noch erzielen.“
Der chinesische Markt hatte in den vergangenen Jahren weitgehend zuverlässig für Wachstum bei den exportorientierten deutschen Konzernen gesorgt – das ist nun vorbei. Keine der großen Weltregionen entwickelt sich seit dem vergangenen Jahr so schwach wie der asiatische Markt, wo die DAX-Konzerne im ersten Quartal etwa ein Zehntel ihres Vorjahresumsatzes verloren. „Der chinesische Markt war immer kompliziert – aber so schwierig wie heute war er noch nie“, sagt Meyer. „Die chinesische Industrie hat massive Überkapazitäten aufgebaut, die zu Niedrigpreisen exportiert werden. Und in China selbst stockt die Nachfrage. Gleichzeitig bleibt China ein unverzichtbarer Absatzmarkt für die deutsche Industrie – die Abhängigkeit ist nach wie vor sehr hoch. Damit müssen die deutschen Unternehmen, die dort engagiert sind, nun umgehen.“
Ausblick: Mit Kostensenkungen wieder Flexibilität zurückgewinnen
Ahlers sieht trotz der aktuell schwierigen Lage aber auch Anlass zu Hoffnung: „Bemerkenswert ist, dass es immer noch etlichen deutschen Top-Unternehmen gelingt, sich gegen die Krise zu stemmen und bei Umsatz und Gewinn zuzulegen. Zudem sehen wir einen Strategieschwenk bei vielen Top-Unternehmen. Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir nach dem Corona-Boom nun eine lange Phase wirtschaftlicher Stagnation und einer gleichzeitig tiefgreifenden Transformation erleben. Darauf richten sich die Unternehmen nun konsequent ein: mit tiefgreifenden Kostensenkungsmaßnahmen, zu denen auch Personalabbau vor allem in der Verwaltung gehört. Die Folge ist eine Reduzierung der Komplexität, denn zu viele Managementebenen bedeuten zu viel Bürokratie und zu langsame Entscheidungen.“
Noch zeigen sich die Auswirkungen der aktuellen Kostensenkungsprogramme aber nicht in den Beschäftigungszahlen: Die Zahl der Beschäftigten stieg im ersten Quartal um 0,9 Prozent und erreichte mit 2,9 Millionen einen neuen Höchststand. Von den 26 Unternehmen, die entsprechende Zahlen veröffentlichten, vermeldeten allerdings zehn eine rückläufige Zahl an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. „Es wird sich wohl im Lauf dieses Jahres herausstellen, wie hartnäckig und beständig die aktuelle Wirtschaftsflaute ist. Sollte der erhoffte Aufschwung kommen, könnten diejenigen Recht behalten, die weiter optimistisch auf Wachstum setzen. Zu befürchten ist allerdings, dass auf den aktuellen Stellenaufbau ein entsprechender Stellenabbau folgt“, sagt Meyer.
Ahlers fügt hinzu: „Wir werden voraussichtlich in Deutschland vorerst keinen substanziellen Beschäftigungsaufbau sehen – was einerseits mit dem Fachkräftemangel hierzulande zu tun hat, andererseits aber auch mit den hohen Arbeitskosten und generell den Bestrebungen der Unternehmen, ihre Verwaltungen und zentrale Funktionen zu verschlanken.“
Nicht gespart wird trotz der schwierigen Konjunkturlage an Zukunftsinvestitionen: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen im ersten Quartal um fünf Prozent auf 17 Milliarden Euro – bei den Unternehmen aus der Automobilindustrie legten die F&E-Ausgaben mit zehn Prozent besonders stark zu. „Die steigenden Forschungsausgaben machen Hoffnung“, sagt Ahlers. „Sie zeigen, dass die Konzerne trotz des Gegenwinds nach wie vor bereit und in der Lage sind, in ihre Zukunft zu investieren. Es wäre wünschenswert, dass die damit verbundene Wertschöpfung zu einem möglichst großen Teil in Deutschland stattfindet. Dafür den passenden Rahmen und Anreize zu bieten, bleibt eine Aufgabe der deutschen Standortpolitik.“