Schild am Eingang des Bundesamtes fuer Justiz in Bonn

Welche Neuerungen das Gesetz zur Vereinheitlichung von Stiftungsrecht mit sich bringt

Stiftungen müssen bald in einem zentralen Register erfasst werden. Das neue Gesetz eröffnet zudem Gestaltungsoptionen.

Überblick

  • Die Reform des Stiftungsrechts beinhaltet u.a. ein zentrales Stiftungsregister und betrifft alle Stiftungen, ob gemein- oder eigennützig. 
  • Bestehende Stiftungen sollten ihre Satzung rechtzeitig überprüfen und anpassen, um unerwünschte Folgen zu vermeiden. 

Zum 1. Juli 2023 tritt das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts in Kraft. Die Reform beinhaltet neben neuen, bundeseinheitlichen Regelungen auch die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters und betrifft alle Stiftungen, ob gemein- oder eigennützig. Schon jetzt eröffnen sich neue Gestaltungsmöglichkeiten. Bestehende Stiftungen sollten ihre Satzung rechtzeitig überprüfen und anpassen, um unerwünschte Folgen zu vermeiden. Da auch die zuständigen Behörden in den Prozess einzubinden sind, drängt nun die Zeit. Nachfolgend geben wir einen Überblick über wichtige Neuerungen.

Register mit Publizitätswirkung

Eine der beachtenswertesten Änderungen dürfte das zentrale Stiftungsregister sein, das mit Wirkung vom 1. Januar 2026 eingeführt wird. Die Eintragung von Bestandsstiftungen muss bis spätestens 31. Dezember 2026 erfolgen. Eingetragen werden die Stiftung und ihre Vorstandsmitglieder, etwaige besondere Vertreter, denen ein bestimmter Geschäftskreis zugewiesen worden ist, sowie deren konkrete Vertretungsmacht. Daneben sind u. a. Satzungsänderungen, Zulegung oder Zusammenlegung sowie Auflösung, Aufhebung und Liquidation der Stiftung anzugeben. Dadurch entfallen insbesondere die bisweilen lästigen Anforderungen von Vertretungsbescheinigungen, die stets aktuell sein und daher immer wieder neu beantragt werden müssen.

Grafik: Stiftungserrichtungen in Deutschland
Zwei junge Schreiner arbeiten an Kreissaegemaschine in der Werkstatt
Vor allem Familienbetriebe tragen sich mit dem Gedanken, eine Stiftung zu gründen. © getty images / golero

Sensible Daten

Das Stiftungsregister hat negative Publizitätswirkung und gewährt daher Vertrauensschutz; es gilt nur, was im Stiftungsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist. Das Register, das beim Bundesamt für Justiz in Bonn angesiedelt wird, ist grundsätzlich jedem zugänglich. Eingesehen werden können alle eingereichten Dokumente einschließlich der Satzung. Die Einsichtnahme kann jedoch beschränkt werden, soweit ein besonderes Interesse an der Geheimhaltung besteht – was aber vom Stifter oder vom betroffenen Dritten darzulegen ist. Bestehende Stiftungen sollten daher ihre Satzung auf etwaige sensible Daten und Geheimhaltungsinteressen prüfen und diese bei Bedarf entsprechend anpassen. Nach dem Registereintrag ist der Stiftungsname mit dem Zusatz „eingetragene Stiftung“ bzw. abgekürzt „e. S.“ zu führen. Verbrauchsstiftungen führen den Zusatz „eingetragene Verbrauchsstiftung“ oder „e. VS.“. Die Eintragung entbindet nicht von der Meldepflicht zum Transparenzregister.

 

Historischer oder mutmaßlicher Wille

Im Rahmen der Reform wird die Pflicht zur Berücksichtigung des Stifterwillens gesetzlich normiert. Der niedergelegte Stifterwille im Zeitpunkt der Stiftungserrichtung – der sogenannte historische Stifterwille – ist von den Stiftungsorganen und der Stiftungsaufsicht zu berücksichtigen. Soweit der historische Wille im Einzelfall nicht festgestellt werden kann, ist hilfsweise der Wille zu berücksichtigen, der dem objektiven Interesse der Stiftung unter Berücksichtigung wesentlicher Veränderungen entspricht, der sogenannte mutmaßliche Stifterwille. Wichtig ist eine gute Dokumentation des tatsächlichen Stifterwillens.

 

Vermögen und Umschichtung

Für auf unbestimmte Zeit errichtete Stiftungen ist nun klar geregelt, dass das Stiftungsvermögen grundsätzlich aus dem zu erhaltenden Grundstockvermögen und dem „sonstigen Vermögen“ bestehen kann. Damit kann ein Teil des Vermögens nun durch eine Zuweisung zum sonstigen Vermögen verbrauchbar gemacht werden. Bestehende Stiftungen sollten daher ihre Satzung auf die Regelung der Vermögensverteilung hin überprüfen. Umschichtungsgewinne dürfen künftig ausdrücklich auch für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden, ohne dass es hierfür einer besonderen Satzungsbestimmung bedarf. Voraussetzung ist allein, dass die Verwendung durch die Satzung nicht ausgeschlossen wurde und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist.

Haftungsprivilegierung

Nunmehr wird eine Business Judgement Rule als Haftungsmaßstab für Stiftungsorgane gesetzlich normiert. Danach verhält sich ein Stiftungsorgan bei Entscheidungen mit Prognosecharakter dann nicht pflichtwidrig, wenn es unter Beachtung gesetzlicher und satzungsmäßiger Vorgaben sowie auf der Grundlage angemessener Informationen vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Stiftung zu handeln. Durch die Satzung lassen sich wesentliche Aspekte der Haftung individuell regeln. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, auch die Geschäftsordnung und Anlagerichtlinien (sofern vorhanden) zu aktualisieren bzw. neu zu beschließen.

Notmaßnahmen bei fehlenden Organmitgliedern

Neu geregelt ist eine Ermächtigung zur Notbestellung von Organmitgliedern. Soweit Organmitglieder fehlen und die Wahrnehmung der Aufgaben dadurch nicht mehr möglich ist, muss die Stiftungsaufsicht auf Antrag oder von Amts wegen die Handlungsfähigkeit gewährleisten, indem Mitglieder notbestellt werden. Möchte man nicht auf eine solche Notbestellung angewiesen sein, sollten entsprechende Notfallregelungen bereits in der Satzung enthalten sein.

Satzungsänderungen

Zukünftig gibt es drei gesetzlich definierte Arten von Satzungsänderungen. Die Anforderungen an die Zulässigkeit hängen davon ab, wie schwerwiegend die Satzung geändert wird:

  • Erstens sind einfache Satzungsänderungen zur Erleichterung der Zweckerfüllung möglich.
  • Zweitens dürfen prägende Bestimmungen an wesentliche Änderungen der Verhältnisse angepasst werden.
  • Drittens darf der Stiftungszweck geändert werden, wenn keine dauernde und nachhaltige Erfüllung mehr gewährleistet ist.

Bei notleidenden Stiftungen kann eine Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung in Betracht kommen. Die Vorgaben zu Satzungsänderungen sind dispositive Bestimmungen, d. h., der Stifter kann im Stiftungsgeschäft abweichende Regelungen treffen und die Erfordernisse abschwächen oder verschärfen. Hierbei sollte auf eine hinreichende Bestimmung durch Leitlinien und Orientierungspunkte geachtet werden. Eine Blanko- bzw. Pauschalermächtigung ist unzulässig. Satzungsänderungen durch die Aufsicht kann der Stifter ausschließen oder beschränken. Die Satzung sollte daher auf einen etwaigen Modifikationsbedarf geprüft werden. Zwingend zu beachten ist, dass die Verwaltung der Stiftung im Inland geführt werden muss. Befindet sich der Verwaltungssitz im Ausland, so stellt dies einen Aufhebungsgrund für die Stiftung dar.

Zu- und Zusammenlegung

Auch die Zulegung des Vermögens einer Stiftung im Ganzen auf eine andere Stiftung sowie das Zusammenlegen mindestens zweier Stiftungen zu einer neuen Stiftung sind dann bundeseinheitlich geregelt. Da es keiner Auflösung und langwierigen Liquidation der übertragenden Stiftung mehr bedarf, bringen die Neuregelungen eine wesentliche Erleichterung mit sich. Haben sich die Verhältnisse also wesentlich verändert und ist eine Anpassung durch eine Satzungsänderung nicht möglich, können hier entsprechende Lösungen gefunden werden. Jedoch ist eine Übertragung nicht gegen den Stifterwillen möglich und kann daher in der Satzung ausgeschlossen werden.

Vermögensanfall

Nach wie vor bleibt es wichtig, für den Fall der Auflösung oder Aufhebung einer Stiftung in der Satzung die Anfallsberechtigten für das Vermögen zu bestimmen oder zumindest vorzusehen, dass diese durch ein gewünschtes Stiftungsorgan bestimmt werden können. Andernfalls fällt das Stiftungsvermögen an den Fiskus.

Fazit

Bestehende Stiftungen sollten ihre Satzung rechtzeitig überprüfen und anpassen, um unerwünschte Folgen zu vermeiden.

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