Der lang erwartete Diskussionsentwurf zur Umsetzung der Globalen Mindeststeuer in Deutschland liegt seit heute (20.03.2023) vor. Hauptbestandteil des Diskussionsentwurfs ist ein Mindeststeuergesetz (MinStG), das als neues Stammgesetz alle wesentlichen Regelungen enthält. Die erhoffte Absenkung der AStG-Niedrigsteuergrenze ist hingegen nicht enthalten. Das Gesetzgebungsverfahren wird sich voraussichtlich bis weit ins zweite Halbjahr 2023 ziehen.
Das BMF nimmt die Umsetzung der Richtlinie zur Einführung einer globalen Mindeststeuer in Angriff, auf die sich die EU-Finanzminister im Dezember 2022 geeinigt hatten (vgl. EY-Steuernachrichten v. 13.12.2022). Der am 20.03.2023 veröffentlichte Diskussionsentwurf trägt den Namen „Gesetz für die Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG)“. Das MinBestRL-UmsG besteht aus lediglich einem Artikel, mit dem ein neues Stammgesetz eingeführt werden soll: das „Gesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für Unternehmensgruppen (Mindeststeuergesetz - MinStG)“. Dieses orientiert sich eng an den Vorgaben der EU-Richtlinie sowie der OECD Model Rules und soll als eigenständiges Gesetz die Erhebung der Mindeststeuer in Deutschland sicherstellen.
Die von Seiten der Wirtschaft geforderte Senkung der AStG-Niedrigsteuergrenze von derzeit 25 Prozent auf den zukünftigen Mindeststeuersatz von 15 Prozent ist dagegen im Diskussionsentwurf nicht enthalten. Es bleibt abzuwarten, ob im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine entsprechende Anpassung ergänzt wird.
Mit dem MinStG will Deutschland ab dem Jahr 2024 sicherstellen, dass über eine Primärergänzungssteuerregelung („Income Inclusion Rule“), eine Sekundärergänzungssteuerregelung ( „Undertaxed Profit Rule“) sowie eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer („Qualified Domestic Minimum Top-up Tax“) ein dem auf internationaler Ebene vereinbarten Regelwerk der Mindeststeuer entsprechender Steuererhöhungsbetrag erhoben wird, wenn die Aktivitäten einer Unternehmensgruppe in einem Land einer effektiven Ertragsteuerbelastung von weniger als 15 Prozent unterliegen. Die Regelungen gelten für alle großen Unternehmensgruppen mit konsolidierten Umsatzerlösen von jährlich mindestens 750 Mio. Euro in zwei der jeweils letzten vier Konzernabschlüsse, unabhängig davon, ob die Unternehmensgruppen auf rein nationaler oder auf internationaler Ebene tätig sind. Staatliche Einheiten, internationale Organisationen, Non-Profit-Organisationen, Pensionsfonds sowie Investmentfonds, die oberste Muttergesellschaften sind, werden bei Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen aus dem Anwendungsbereich der Mindestbesteuerung ausgenommen.
Für jeden Staat wird der effektive Steuersatz für alle dort ansässigen Einheiten der Unternehmensgruppe in ihrer Gesamtheit ermittelt, indem die von den Unternehmen in dem Steuerhoheitsgebiet erhobenen (ggf. angepassten) Steuern durch deren für Zwecke der Mindeststeuer gesondert ermittelten und z.T. modifizierten Jahresergebnisse (sog. Mindeststeuer-Gewinne bzw. -Verluste) geteilt werden. Ausgangspunkt dieser Berechnung sind die nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard (z.B. IFRS, HGB oder US-GAAP) aufgestellten Konzernabschlüsse, welche anschließend einer Reihe von Anpassungen (beispielsweise für Dividenden) unterzogen werden. Sofern dieser effektive Steuersatz in einem Staat unter dem Mindeststeuersatz von 15 Prozent liegt, wird die Unternehmensgruppe mittels einer Ergänzungssteuer nachbesteuert, bis der effektive Mindeststeuersatz in diesem Staat erreicht ist.
Die Nachversteuerung findet dabei in der Regel auf Ebene der obersten Muttergesellschaft statt. Hat sich der ausländische Staat dafür entschieden, die Niedrigbesteuerung selbst durch eine anerkannte nationale Ergänzungssteuer („Qualified Domestic Minimum Top-up Tax“) zu erheben, wird diese auf Ebene der deutschen obersten Muttergesellschaft grundsätzlich angerechnet (zum QDMTT Safe Harbour siehe unten).
Der Diskussionsentwurf sieht auch eine deutsche nationale Ergänzungssteuer vor. Hierdurch wird sichergestellt, dass auch im unwahrscheinlichen Fall einer Niedrigbesteuerung in Deutschland die Nachversteuerung an den deutschen Fiskus erfolgt.
Die im Detail äußerst komplexen Regelungen der globalen Mindestbesteuerung sollen durch eine Reihe von Vereinfachungsregelungen abgemildert werden, die erst nach der Veröffentlichung der finalen EU-Richtlinie im Inclusive Framework on BEPS vereinbart und dort erst teilweise ausformuliert wurden. Wird die ausländische nationale Ergänzungssteuer in Übereinstimmung mit einem anerkannten Rechnungslegungsstandard der obersten Muttergesellschaft oder auf Grundlage der IFRS erhoben, wird der Steuererhöhungsbetrag für die Zwecke des MinStG auf null reduziert (sog. „QDMTT Safe Harbour“). Zudem ist im Diskussionsentwurf ein weiterer Safe-Harbour für aus Wesentlichkeitsgründen nicht konsolidierte Gesellschaften enthalten.
Darüber hinaus enthält das MinStG insbesondere eine zeitlich befristete CbCR-Safe-Harbour-Regelung, die es erlaubt, die Hochbesteuerung anhand der länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-Country Reporting - CbCR) nach § 138a AO nachzuweisen (vgl. EY-Steuernachrichten v. 21.12.2022). Für Geschäftsjahre, die am oder vor dem 31.12.2026 beginnen, aber vor dem 01.07.2028 enden (Übergangszeit) – bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr mithin die Jahre 2024 bis 2026 –, stehen alternativ drei CbCR-Safe-Harbour zur Verfügung. Wird einer der drei Tests für ein Steuerhoheitsgebiet erfüllt, wird auf Antrag der erklärungspflichtigen Geschäftseinheit für das Steuerhoheitsgebiet der Steuerhöhungsbetrag (einschließlich des zusätzlichen Steuerhöhungsbetrags) mit null angesetzt:
- Vereinfachter Wesentlichkeitstest (De-Minimis-Test): Die Umsatzerlöse betragen weniger als 10 Mio. Euro und der Gewinn / Verlust vor Steuern beträgt weniger als 1 Mio. Euro laut dem qualifizierten länderbezogenen Bericht.
- Vereinfachter Effektivsteuersatztest (ETR-Test): Der vereinfacht berechnete effektive Steuersatz ist größer oder gleich 15 Prozent (in 2024), 16 Prozent (in 2025) oder 17 Prozent (in 2026).
- Substanztest (Routinegewinntest): Der Gewinn / Verlust vor Steuern gemäß dem qualifizierten länderbezogenen Bericht ist gleich oder geringer als der sog. substanzbasierte Freibetrag.
Stellt die Unternehmensgruppe für ein Geschäftsjahr keinen Antrag oder erfüllt sie für ein Geschäftsjahr nicht die Voraussetzungen, sollen die zeitlich befristeten CbCR-Safe-Harbour für alle folgenden Geschäftsjahre nicht mehr in Anspruch genommen werden können.
Das MinStG sieht zudem die in der Richtlinie enthaltene Übergangsregelung bei untergeordneter internationaler Tätigkeit vor. Danach werden Unternehmensgruppen, die in den ersten fünf Jahren in höchstens sechs Steuerhoheitsgebieten über Geschäftseinheiten verfügen und einen Schwellenwert an materiellen Vermögenswerten nicht überschreiten, in diesem Zeitraum von der Mindeststeuer befreit.
Um das Besteuerungsverfahren zu zentralisieren, sieht der Diskussionsentwurf die Einführung einer sog. Mindeststeuergruppe vor, die alle inländischen Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe umfasst. Der sog. Gruppenträger (z.B. eine in Deutschland belegene zwischengeschaltete Muttergesellschaft) ist für die elektronische Abgabe der Steuererklärung beim zuständigen Finanzamt verantwortlich, in der die Steuer selbst zu berechnen ist (Steueranmeldung). Die Steuer ist einen Monat nach Abgabe der Erklärung fällig. Laut Gesetzesbegründung sollen für das Besteuerungsverfahren die Vorschriften der Abgabenordnung (z. B. Festsetzungsverjährung und Bestandskraft) gelten, sofern keine gesonderten Regelungen vorgesehen sind.
Darüber hinaus muss jede Geschäftseinheit oder eine Geschäftseinheit im Auftrag für eine Unternehmensgruppe einen sog. Mindeststeuer-Bericht elektronisch beim BZSt einreichen. Dieser muss umfassende Informationen zur Unternehmensgruppe und alle für die Berechnung des effektiven Steuersatzes und der Ergänzungssteuerbeträge notwendigen Informationen enthalten. Der Mindeststeuer-Bericht ist im ersten Jahr der Mindeststeuerpflicht 18 Monate, danach 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs an das BZSt zu übermitteln. Die Verpflichtung zur Abgabe des Mindeststeuer-Berichts an das BZSt entfällt, wenn eine gebietsfremde oberste Muttergesellschaft oder eine von ihr zur Übermittlung beauftragte Geschäftseinheit einen Mindeststeuer-Bericht in ihrem Belegenheitsstaat abgegeben hat und Deutschland mit diesem Staat ein Austauschabkommen abgeschlossen hat und der Austausch tatsächlich durchgeführt wird.
Die in der EU-Richtlinie nicht näher definierten Sanktionen bleiben auch im Diskussionsentwurf im Rahmen der Bußgeldvorschrift noch unvollständig: Wer vorsätzlich oder leichtfertig den sog. Mindeststeuer-Bericht nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt, handelt ordnungswidrig. Die maximal mögliche Geldbuße lässt der Entwurf vorläufig offen.
Wie von der EU vorgegeben, soll das MinStG erstmals für Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 30.12.2023 beginnen. Die Sekundärergänzungssteuerregelung soll grundsätzlich ein Jahr später greifen und erstmals auf Geschäftsjahre anwendbar sein, die nach dem 30.12.2024 beginnen. Mit der Vorlage des Diskussionsentwurfs erhalten zunächst die Verbände bis zum 21.04.2023 Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Anschluss wird das BMF voraussichtlich einen überarbeiteten Referentenentwurf vorlegen und weitere Stellungnahmen anfordern. Erst danach ist mit einem nochmals ergänzten Regierungsentwurf zu rechnen, der das formale Gesetzgebungsverfahren eröffnet, das sich voraussichtlich bis weit in das zweite Halbjahr 2023 hineinziehen wird.
Der Volltext des Diskussionsentwurfs steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
Direkt zum Diskussionsentwurf kommen Sie hier.
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