Das „private Laden“ erfordert die Einbindung diverser Gewerke: Flächen bereitstellen, Ladesäulen installieren, Stromlieferung sowie Abrechnung und praktische Prozesse wie das Lademanagement organisieren, Lademöglichkeiten bewerben, Service und Wartung anbieten. Wir schätzen die Marktlage so ein, dass diese Gewerke in ihren jeweiligen Kombinationen noch nicht eindeutig an Unternehmen bestimmter Branchen vergeben sind. In dieser Aufbauphase besteht noch viel Spielraum, neue Geschäftsmodelle – auch gemeinsam mit Partnern – zu entwickeln.
Es ist wahrscheinlich, dass die Wohnungswirtschaft in die Pflicht genommen wird, die Initiative für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu ergreifen – im Neubau wie im Bestand. Grundsätzlich kann sie diese Aufgabe weitgehend in Eigenregie übernehmen. In diesem Fall muss sie die einzelnen Gewerke selbst ausschreiben, auswählen, beauftragen und überwachen. Insbesondere die größeren Wohnungsbaugesellschaften werden so vorgehen.
Stadtwerke orchestrieren die Gewerke
Viele Unternehmen der Wohnungswirtschaft werden aber Partner suchen, um die Umsetzung für sie schneller und komfortabler zu realisieren. Die Energiewirtschaft kann hier eine wichtige Rolle übernehmen: Naheliegend ist, dass die Energiewirtschaft die Energielieferung und den Messstellenbetrieb (Ablesung der Verbräuche) in die Hand nimmt. Auch das Lademanagement ist nah am Kerngeschäft der Energieversorger. Als Spezialist für netzgebundene Infrastruktur kann die Energiewirtschaft aber auch weitere Aufgaben übernehmen, wie beispielsweise das Projektmanagement während der gesamten Planungs- und Errichtungsphase. Die Wohnungswirtschaft kann in diesem Fall für einen ausgewiesenen Standort die gesamte Umsetzungsaufgabe an die Energiewirtschaft übergeben. So werden Stadtwerke zum Orchestrator der Gewerke im Ausbau der E-Mobilität.
In einem weiteren Schritt könnte die Energiewirtschaft als „Full-Service-Partner“ die gesamte Verantwortung für Ladestationen in den Immobilien übernehmen – einschließlich des Betriebs, der Finanzierung sowie Wartung und Service. Gegenüber den Mietern könnten entweder ihre Vermieter selbst oder die Energiewirtschaft als Dienstleister auftreten. Denkbar ist in diesem „Full-Service-Modell“ auch, dass die Wohnungswirtschaft die Parkflächen an die Energiewirtschaft verpachtet und das Energieunternehmen in voller Eigenverantwortung die Vermarktung übernimmt.
Plattformen für den Ausbau
Auch ein plattformbasiertes Geschäftsmodell ist denkbar. Die Energiewirtschaft könnte eine anbieteroffene digitale Plattform anbieten, die es Unternehmen der Wohnungswirtschaft leicht macht, sich über den Ladesäulenausbau in Immobilien zu informieren, Projektanfragen einzustellen und direkt über die Plattform Dienstleister und Partner zu beauftragen.
Möglich ist auch die Öffnung der privaten Ladeinfrastruktur für die Nutzung durch Externe. Warum nicht private Ladestationen (auf frei zugänglichen Parkplätzen vor Wohngebäuden oder in Tiefgaragen) auch für Gäste öffnen? Der Zugang und die Abrechnung könnten über eine App erfolgen. Unter der Prämisse, dass Mieter der Immobilie Priorität beim Zugang behalten, ist durch eine solche Öffnung („Airbnb für Ladesäulen“) eine deutlich bessere Auslastung der Ladesäulen möglich.