4 Minuten Lesezeit 11 August 2022
Eine Bäuerin gibt einem Mann Informationen

Hürden bei der Anstellung ausländischer Fachkräfte

Von Herwig Debriacher

Partner, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Hat langjährige Erfahrung zu sämtlichen Fragestellungen des grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatzes. Privat widmet sich der gebürtige Kärntner vor allem seiner Familie und dem Eishockeysport.

4 Minuten Lesezeit 11 August 2022

Der Fachkräftemangel hat im letzten Jahr die Coronapandemie wieder von Platz eins der größten Sorgen österreichischer Betriebe verdrängt. Liegt ein Teil der Lösung außerhalb unserer Landesgrenzen?

Überblick
  • Gerade der jungen Generation ist Nachhaltigkeit wichtig, dauerhafter Besitz eher weniger. Weltweit profitieren davon Unternehmen im Rent-a-Lifestyle-Segment.
  • Bisher richten sich Angebote vor allem an kaufkräftige Konsumentengruppen, denn bei hochwertiger und hochpreisiger Ware lohnen sich Aufbereitung und Logistik.
  • Bevor Hersteller und Händler in den Mietmarkt einsteigen, sollten sie ihr Geschäftsmodell prüfen und ihre Chancen kritisch abwägen.

Der Mangel an Fachkräften spielt bereits seit geraumer Zeit eine zentrale Rolle in der österreichischen Wirtschaft - insbesondere in der österreichischen Industrie. Der Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland könnte eine Lösung sein, um die Lücke am Arbeitsmarkt zu verkleinern, und im globalen Wettbewerb weiter konkurrenzfähig zu bleiben. Doch nicht nur die Corona-Krise erschwert den Zuzug im „War for Talents“. Auch das österreichische Fremden- und Ausländerbeschäftigungsrecht setzt hier keine entscheidenden Impulse. Werden damit Standortvorteile aufs Spiel gesetzt?

Laut dem aktuellen EY Mittelstandsbarometer klagen zwei von fünf österreichischen Betrieben über Umsatzeinbußen infolge des Fachkräftemangels. Insgesamt haben sogar vier von fünf Firmen Schwierigkeiten geeignete Fachkräfte zu finden – Trend zunehmend. Um die mangelnde Personalstruktur zu kompensieren, richten viele Betriebe den Blick aufs Ausland.

Eine Bäuerin gibt einem Mann Informationen

EY-Studie Beschäftigung und Fachkräftemangel in Österreich 2022

Befragung von über 600 Verantwortlichen mittelständischer, nicht kapitalmarktorientierter Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen in Österreich.

Die vollständigen Ergebnisse unserer EY-Studie finden Sie unter folgendem Link zum Download:

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Aus rechtlicher Perspektive ist hierbei zu beachten, dass für Personen, die nicht aus den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz zuziehen, der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt mit der Erfüllung enger gesetzlicher Kriterien verbunden ist. Die Zuwanderung nach Österreich ist dabei im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 geregelt. Dieses Gesetz regelt die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen sowie die Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Kürzere Aufenthalte werden im Fremdenpolizeigesetz geregelt. Darüber hinaus sind auch die Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu beachten.

Die Einordung des grenzüberschreitenden Personaleinsatzes unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen stellt die Unternehmen oftmals vor schwierige Herausforderungen. Auch die zunehmende Modernisierung bei den Beschäftigungsformen, Stichwort „Remote Work“, ist nicht immer abbildbar.

In der Praxis spielt die „Rot-Weiß-Rot-Karte“ nach wie vor die bedeutendste Rolle. Die Beurteilung der für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter:innen notwendigen Kriterien funktioniert dabei anhand eines Punktesystems. Die Punktevergabe erfolgt nach festgelegten Kriterien, wie beispielsweise die universitäre Ausbildung, Berufserfahrung, Alter und Sprachkenntnisse. Dabei erfolgt eine Unterteilung in die sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Karte für besonders Hochqualifizierte“, bei der eine Mindestpunkteanzahl in Höhe von 70 aus 100 Punkten erreicht werden muss, sowie die „Rot-Weiß-Rot-Karten für Fachkräfte in Mangelberufen und sonstige Schlüsselkräfte“, welche lediglich eine Mindestpunkteanzahl von 55 aus 90 erfordern. Die Festlegung der Mangelberufe erfolgt durch die österreichische Bundesregierung, welche jährlich eine Mangelberufsliste veröffentlicht. In diesem Jahr wurde sie von 45 auf 66 Berufe ausgeweitet, worunter im Industriebereich vor allem Techniker fallen.

Unsere Erfahrung mit unseren Industriekunden zeigt, dass die lange Verfahrensdauer von deutlich mehr als acht Wochen und die zeitaufwendige Unterlagenbeschaffung nach wie vor eine große Hürde darstellen. Hinzu kommt, dass die Erfüllung bestimmter Kriterien, wie der Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft und die damit verbundene Anmietung einer Wohnung bereits vor Einreise nach Österreich sowie der Nachweis von Deutsch- bzw. Englischkenntnissen zusätzlich die Antragstellung erschweren.

Ein weiteres Problem zeigt sich vor allem beim Thema des Familiennachzuges. Familienangehörige sind berechtigt eine sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu beantragen. Ehegatten, die über kein Universitätsdiplom verfügen, müssen unter Umständen bereits bei der Antragstellung einen Nachweis von Deutschkenntnissen erbringen Die Antragstellung für Familienangehörige ist bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Heimatland meist erst dann möglich, wenn der zusammenführende Hauptantragsteller bereits seinen Aufenthaltstitel behoben hat. Durch das Konzept der Verfahrenstrennung kommt es zu einer wochenlangen Unterbrechung des Familienlebens, wobei gerade ein reibungsloser Familiennachzug entscheidend für die Bereitschaft von Fachkräften ist, einer Tätigkeit abseits des Heimatlandes nachzugehen.

Da die Antragstellung oftmals mit Fallstricken verbunden ist und über das bloße Ausfüllen eines Formulars weit hinausgeht, bedarf diese eingehende Vorbereitung und Expertise. Schon die Wahl des falschen Titels kann dabei zu empfindlichen zeitlichen Verzögerungen führen. Es empfiehlt sich daher, ausländischen Fachkräfte stets bei der Antragstellung zu unterstützen, da oftmals notwendige Nachweise und Qualifikationen nicht vorgelegt werden und in der Folge die Anträge scheitern. Zu beachten ist hierbei auch, dass je nach Staatsangehörigkeit des Antragsstellenden persönliche Dokumente wie Geburtsurkunden, einer Apostille oder Legalisierung bedürfen und im Vorfeld bereits vorbereitet werden sollten.

Darüber hinaus hat der grenzüberschreitenden Personaleinsatz selbstverständlich auch steuerliche Konsequenzen für die betroffenen Mitarbeitenden und deren Arbeitgeber. Auch sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen sind zu berücksichtigen. Grenzüberschreitender Mitarbeitereinsatz bedarf daher immer einer holistischen Betrachtung.

Die bereits dargestellten Erfordernisse und der langwierige Prozess stellen in der Praxis oft einen „Dealbreaker“ dar, weshalb Österreich einen Pool an erfahrenen Fachkräften aus dem Ausland verliert. Das Ziel sollte es sein, durch einfache und schnellere Einwanderung von Fachkräften die Attraktivität von Österreich als führenden Industriestandort zu erhöhen. Das Fremdenrecht und das Ausländerbeschäftigungsrecht müssen mit der Modernisierung der Arbeitswelt mitziehen, damit Österreich hier nicht das Nachsehen hat.

Fazit

Um bis dahin auf ausländische Fachkräfte setzen zu können, ist es jedenfalls notwendig, zeitgerecht einen Einsatz zu planen und die notwendigen Antragspakete zur Beantragung eines Aufenthaltstitels vollständig vorzubereiten, um durch eventuelle Ergänzungsansuchen der Behörden einen zusätzlichen Zeitverlust zu verhindern.

Über diesen Artikel

Von Herwig Debriacher

Partner, People Advisory Services, Steuerberatung | Österreich

Hat langjährige Erfahrung zu sämtlichen Fragestellungen des grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatzes. Privat widmet sich der gebürtige Kärntner vor allem seiner Familie und dem Eishockeysport.