Aus rechtlicher Perspektive ist hierbei zu beachten, dass für Personen, die nicht aus den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz zuziehen, der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt mit der Erfüllung enger gesetzlicher Kriterien verbunden ist. Die Zuwanderung nach Österreich ist dabei im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 geregelt. Dieses Gesetz regelt die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen sowie die Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Kürzere Aufenthalte werden im Fremdenpolizeigesetz geregelt. Darüber hinaus sind auch die Regelungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu beachten.
Die Einordung des grenzüberschreitenden Personaleinsatzes unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Rahmenbedingungen stellt die Unternehmen oftmals vor schwierige Herausforderungen. Auch die zunehmende Modernisierung bei den Beschäftigungsformen, Stichwort „Remote Work“, ist nicht immer abbildbar.
In der Praxis spielt die „Rot-Weiß-Rot-Karte“ nach wie vor die bedeutendste Rolle. Die Beurteilung der für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter:innen notwendigen Kriterien funktioniert dabei anhand eines Punktesystems. Die Punktevergabe erfolgt nach festgelegten Kriterien, wie beispielsweise die universitäre Ausbildung, Berufserfahrung, Alter und Sprachkenntnisse. Dabei erfolgt eine Unterteilung in die sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Karte für besonders Hochqualifizierte“, bei der eine Mindestpunkteanzahl in Höhe von 70 aus 100 Punkten erreicht werden muss, sowie die „Rot-Weiß-Rot-Karten für Fachkräfte in Mangelberufen und sonstige Schlüsselkräfte“, welche lediglich eine Mindestpunkteanzahl von 55 aus 90 erfordern. Die Festlegung der Mangelberufe erfolgt durch die österreichische Bundesregierung, welche jährlich eine Mangelberufsliste veröffentlicht. In diesem Jahr wurde sie von 45 auf 66 Berufe ausgeweitet, worunter im Industriebereich vor allem Techniker fallen.
Unsere Erfahrung mit unseren Industriekunden zeigt, dass die lange Verfahrensdauer von deutlich mehr als acht Wochen und die zeitaufwendige Unterlagenbeschaffung nach wie vor eine große Hürde darstellen. Hinzu kommt, dass die Erfüllung bestimmter Kriterien, wie der Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft und die damit verbundene Anmietung einer Wohnung bereits vor Einreise nach Österreich sowie der Nachweis von Deutsch- bzw. Englischkenntnissen zusätzlich die Antragstellung erschweren.
Ein weiteres Problem zeigt sich vor allem beim Thema des Familiennachzuges. Familienangehörige sind berechtigt eine sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zu beantragen. Ehegatten, die über kein Universitätsdiplom verfügen, müssen unter Umständen bereits bei der Antragstellung einen Nachweis von Deutschkenntnissen erbringen Die Antragstellung für Familienangehörige ist bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Heimatland meist erst dann möglich, wenn der zusammenführende Hauptantragsteller bereits seinen Aufenthaltstitel behoben hat. Durch das Konzept der Verfahrenstrennung kommt es zu einer wochenlangen Unterbrechung des Familienlebens, wobei gerade ein reibungsloser Familiennachzug entscheidend für die Bereitschaft von Fachkräften ist, einer Tätigkeit abseits des Heimatlandes nachzugehen.
Da die Antragstellung oftmals mit Fallstricken verbunden ist und über das bloße Ausfüllen eines Formulars weit hinausgeht, bedarf diese eingehende Vorbereitung und Expertise. Schon die Wahl des falschen Titels kann dabei zu empfindlichen zeitlichen Verzögerungen führen. Es empfiehlt sich daher, ausländischen Fachkräfte stets bei der Antragstellung zu unterstützen, da oftmals notwendige Nachweise und Qualifikationen nicht vorgelegt werden und in der Folge die Anträge scheitern. Zu beachten ist hierbei auch, dass je nach Staatsangehörigkeit des Antragsstellenden persönliche Dokumente wie Geburtsurkunden, einer Apostille oder Legalisierung bedürfen und im Vorfeld bereits vorbereitet werden sollten.
Darüber hinaus hat der grenzüberschreitenden Personaleinsatz selbstverständlich auch steuerliche Konsequenzen für die betroffenen Mitarbeitenden und deren Arbeitgeber. Auch sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen sind zu berücksichtigen. Grenzüberschreitender Mitarbeitereinsatz bedarf daher immer einer holistischen Betrachtung.
Die bereits dargestellten Erfordernisse und der langwierige Prozess stellen in der Praxis oft einen „Dealbreaker“ dar, weshalb Österreich einen Pool an erfahrenen Fachkräften aus dem Ausland verliert. Das Ziel sollte es sein, durch einfache und schnellere Einwanderung von Fachkräften die Attraktivität von Österreich als führenden Industriestandort zu erhöhen. Das Fremdenrecht und das Ausländerbeschäftigungsrecht müssen mit der Modernisierung der Arbeitswelt mitziehen, damit Österreich hier nicht das Nachsehen hat.
Fazit
Um bis dahin auf ausländische Fachkräfte setzen zu können, ist es jedenfalls notwendig, zeitgerecht einen Einsatz zu planen und die notwendigen Antragspakete zur Beantragung eines Aufenthaltstitels vollständig vorzubereiten, um durch eventuelle Ergänzungsansuchen der Behörden einen zusätzlichen Zeitverlust zu verhindern.