„Der Anteil von weiblichen Vorstandsmitgliedern hat zwar einen historischen Höchststand erreicht, aber zum Feiern ist es dennoch viel zu früh. Es bewegt sich zwar etwas, aber äußerst langsam. Dass nur jede neunte Person im Leitungsorgan dieser Unternehmen eine Frau ist und der Großteil der Unternehmen tatsächlich ausschließlich von Männern geführt wird, bildet nun mal nicht unsere Gesellschaft ab. Die Unternehmen verpassen durch diese traditionell noch immer weitgehend homogen besetzten Gremien, eine große Chance, auf den massiven Transformationsdruck, dem sie in den letzten Jahren durch Digitalisierung, Klimawandel und Veränderung der Arbeitswelt ausgesetzt sind, differenzierter zu reagieren. Denn Verschiedenheit in der Zusammensetzung der Gremien bereichert durch unterschiedliche Standpunkte. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass ein unterschiedliches Geschlecht zwangsläufig zu heterogenen Sichtweisen führt, aber die häufig andere gesellschaftliche Prägung ermöglicht oft einen erweiterten Blinkwinkel. Verschiedene Studien belegen, dass verstärkte Geschlechtergleichheit in Führungspositionen zu einer verstärkten ökologischen Verantwortung durch nachhaltige Investitionen, verbesserter sozialer Performance, erhöhter Mitarbeiter:innenzufriedenheit sowie Chancengleichheit führt. Das sind wiederum derzeit beinahe allgemeingültige Ziele“, kommentiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich, die Ergebnisse.
Immobilienbranche mit meisten Vorständinnen, Finanz top bei Aufsichtsrätinnen
Am höchsten ist der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder mit 21,4 Prozent, wie auch schon zu Jahresbeginn, in der Immobilienbranche: Hier sind bei den fünf gelisteten Unternehmen unter den insgesamt 14 Vorständ:innen drei Frauen vertreten. Auf den nächsten Rängen folgen die Rohstoff-, Finanz- und Energieversorger-/Energiebranche, wo jeweils jedes achte Vorstandsmitglied weiblich ist. Besonders niedrig ist der Anteil an Vorständinnen mit nur sieben Prozent in der Industrie: Hier sind bei den 12 gelisteten Unternehmen von den 41 Mitgliedern nur drei weiblich. In drei Branchen (Automobilbranche, Telekommunikation, Transport & Logistik) findet sich in den Vorständen sogar keine einzige Frau.
Bei der Besetzung der Aufsichtsgremien ist die Finanzbranche führend, was den Frauenanteil betrifft, denn hier sind fast vier von zehn Gremial-Mitgliedern weiblich (38,8 Prozent), gefolgt von der Transport- und Logistikbranche (37 Prozent), der IT-Branche (34,9 Prozent) und der Energiebranche, wo 33,9 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sind. Am niedrigsten ist der Anteil weiblicher Gremiumsmitglieder mit 18,9 Prozent aktuell in der Rohstoffbranche.
Sowohl auf Kapital- als auch auf Arbeitnehmerseite sind jeweils gut drei von zehn Aufsichtsratsmitgliedern Frauen. Auf Kapitalseite liegt der Anteil mit 31,5 Prozent aktuell geringfügig niedriger als auf Arbeitnehmerseite mit 31,7 Prozent.
Der Anteil der Vorständinnen hat sich im Untersuchungszeitraum deutlich dynamischer entwickelt als der Anteil der Aufsichtsrätinnen, dies ist jedoch dem niedrigen Niveau geschuldet: Der Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder in den letzten zehn Jahren hat sich von 4,1 Prozent im Juli 2015 auf aktuell 12 Prozent verdreifacht, in absoluten Zahlen sind damit 16 weibliche Vorstandsmitglieder dazugekommen. Der Anteil weiblicher Aufsichtsräte von 17,1 Prozent im Juli 2015 auf aktuell 31,5 Prozent hat sich nicht einmal verdoppelt hat: 2015 hatten 89 Frauen diese Rolle inne, 2024 sind derzeit 167 als Aufsichtsrätinnen tätig. Dennoch: Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder liegt weiterhin deutlich über dem Anteil weiblicher Vorstandsmitglieder. Außerdem sind in 68 Prozent der Aufsichtsgremien mindestens zwei Frauen vertreten, während in keinem einzigen Vorstand mehr als eine einzige Frau Mitglied ist.
„Dass die Quotenregelung gut und richtig war, um die Chancengleichheit zu erhöhen, ist evident. Die knappe Erfüllung der Quote zeigt, dass es eine solche braucht, um die Genderdiversität in Führungsgremien voranzutreiben und ohne eine solche kaum ein Veränderungswille der derzeit männlich beherrschten Strukturen vorhanden ist. Es bedarf noch tiefgreifende und weitreichende Maßnahmen – über die einzelnen Unternehmen hinaus – in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Frauenförderung, Gehaltstransparenz, eine Kinderbetreuungsreform und eine stärkere Einbeziehung der Männer in Lenkungs- und Vereinbarkeitsmaßnahmen sind nur einige Beispiele. Die Hoffnung bleibt, dass die ab 2026 EU-weit geltende Geschlechterquote einen weiteren Anstoß geben wird. Demnach sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen – da ist noch ordentlich Luft nach oben“; so Pelzmann abschließend.
In eigener Sache: Frauenanteil bei EY
Mit Stichtag 1. Jänner 2024 waren von den 40 Partner:innen von EY Österreich zehn Frauen – das entspricht einem Anteil von 25 Prozent. Auf Management-Ebene liegt der Frauenanteil aktuell bei 45 Prozent. Der Frauenanteil in der gesamten Belegschaft inkl. Praktikant:innen von EY Österreich liegt momentan bei 54 Prozent.