Zwei Personen arbeiten an einem virtuellen 3D-Gebäude mit einer AR-Brille

Hat die Corona-Pandemie in Österreichs Unternehmen für einen Digitalisierungsschub gesorgt?


Schon vor Corona war der digitale Wandel bei KMUs auf dem Vormarsch – durch den Lockdown und die virtuelle Zusammenarbeit sind digitale Technologien zum Überlebensfaktor geworden.

Die Corona-Pandemie hat in vielen österreichischen Unternehmen für einen Digitalisierungsschub gesorgt. Mit Homeoffice, virtueller Zusammenarbeit und dem digitalen Vertrieb gab es neue Herausforderungen, auf die Unternehmen schnell reagieren mussten. Bei 30 Prozent der mittelständischen Betriebe in Österreich – das sind vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr (26 %) – spielen digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell mittlerweile eine sehr große Rolle. 2018 war das erst bei 20 Prozent der Fall. Weitere 47 Prozent schreiben der Digitalisierung eine mittelgroße Rolle zu. Nur mehr drei Prozent (2019: 6 %) klammern die Digitalisierung aus ihrem Geschäftsmodell aus und halten sie nicht für bedeutend – 2018 waren das noch 20 Prozent. Besonders wichtig ist die Rolle digitaler Technologien inzwischen bei (Finanz-)Dienstleistern (44 %), in der Industrie (30 %) und bei Energie- und Wasserversorgern (29 %).

Digitale Zweiklassengesellschaft in Österreich festigt sich – Coronakrise als vermeintlicher Lückenschließer?

Allerdings steht Österreichs Wirtschaft trotz des Digitalisierungsschubs nach wie vor am digitalen Scheideweg. Die Lücke zwischen großen und kleineren Unternehmen hat sich noch immer nicht merklich verringert: Während jedes zweite Unternehmen mit Jahresumsätzen von mehr als 100 Millionen Euro (56 %) digitalen Technologien eine sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell zuschreibt, ist es bei kleineren Unternehmen (Jahresumsatz unter 30 Millionen Euro) nur jedes vierte (26 %) – ein Unterschied von 30 Prozentpunkten. Obwohl digitale Technologien für Unternehmen aller Umsatzklassen durch Corona wichtiger geworden sind, hat sich die Lücke damit weiter vergrößert: 2020 gaben 23 Prozent der kleineren Unternehmen und 46 Prozent der großen Unternehmen an, dass digitale Technologien eine sehr große Rolle im eigenen Geschäftsmodell spielen. Mit 23 Prozentpunkten war der Gap im vergangenen Jahr also noch geringer. Dementsprechend ist auch ein Optimismus-Gefälle abhängig von der Betriebsgröße erkennbar: Während fast jedes zweite Großunternehmen (42 %) digitale Technologien als Chance sieht, sind kleinere Unternehmen deutlich skeptischer (15 %). 

Wir beobachten bereits seit mehreren Jahren eine digitale Zweiklassengesellschaft in Österreich: Während große Unternehmen voll auf Digitalisierung setzen, sind kleinere Betriebe oft zögerlich. Die aktuelle Situation in Folge der Corona-Pandemie unterstreicht, wie gefährlich es für Unternehmen und die gesamte Wirtschaft ist, wenn der digitale Wandel als eine Frage der Unternehmensgröße gesehen wird. Kleinere Unternehmen dürfen nicht auf der Strecke bleiben und müssen den digitalen Sprung wagen, bevor die großen Konkurrenten so weit davonziehen, dass ein Mithalten nur schwer möglich wird. Zwar hat die Coronakrise bei Unternehmen aller Umsatzgrößen zu einem Digitalisierungsschub geführt, allerdings wiederum deutlich stärker bei größeren Unternehmen. Gerade KMU sind aktuell mehr denn je gefordert, neue Technologien in ihr Geschäftsmodell zu integrieren und die Kluft zu den größeren digitalen Vorreitern nicht noch größer werden zu lassen. Die Gelegenheit ist aktuell besser denn je, weil die digitale Transformation alternativlos ist.

Investitionen in Cloud Computing, Automatisierung und Data Analytics geplant

Fast jeder zweite Mittelständler in Österreich will in den kommenden beiden Jahren Cloud Computing (49 %) im eigenen Unternehmen einsetzen, 43 Prozent wollen Robot Process Automation Software bzw. eine weitere Automatisierung einführen und 42 Prozent setzen auf Data Analytics. Immerhin rund jeder fünfte Mittelständler plant den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bzw. von Chatbots. Nur 29 Prozent der befragten Unternehmen wollen in den kommenden zwei Jahren keine zusätzlichen digitalen Technologien im eigenen Betrieb umsetzen.

Aufgrund der Coronakrise und der Lockdowns haben, wo möglich, die Arbeitnehmer im Homeoffice gearbeitet. Flexibilität war und ist dabei die oberste Maxime. Das ein oder andere Unternehmen musste feststellen, dass es dahingehend noch Hausaufgaben erledigen muss. Daher liegt der Investitionsfokus in den nächsten zwei Jahren klar auf Cloud Computing – auch, um sich vor weiteren möglichen Krisen zu rüsten. Die Themen Automatisierung und Data Analytics liegen schon länger im Trend. Robot Process Automation kann den Arbeitsalltag von den Arbeitnehmern erleichtern und der richtige Umgang mit Daten bringt einen klaren Wettbewerbsvorteil für die Zukunft.

Coronakrise macht digitale Technologien noch wichtiger

Fast acht von zehn befragten Mittelständlern (77 %) geben an, dass die Bedeutung digitaler Technologien für das eigene Unternehmen durch die Coronakrise noch gestiegen sei, für gut jedes dritte Unternehmen (34 %) sind diese sogar viel wichtiger geworden. Kein einziges Unternehmen sieht hingegen eine gesunkene Bedeutung. Besonders stark hat die Bedeutung digitaler Technologien infolge der Coronakrise bei Energie- und Wasserversorgern (43 %), (Finanz-)Dienstleistern (40 %) und Industrieunternehmen (37 %) zugenommen.

Fast drei von vier heimischen Betrieben sehen für das eigene Unternehmen keine Investitionshemmnisse (74 %) in Bezug auf eine Digitalisierung des Geschäfts – noch vor einem Jahr gaben dies nur 64 Prozent der Befragten an. Jedes siebte befragte Unternehmen nennt begrenzte finanzielle Möglichkeiten (14 %) als Investitionshemmnis und jedes neunte fehlendes Personal (11 %). Mangelndes Know-how wird nur von acht Prozent der Betriebe als Investitionshemmnis genannt.

Neue Geschäftsmodelle brauchen mehr Geld und neue Kompetenzen. Verständlicherweise fehlen den Unternehmen gerade in Zeiten der Pandemie teilweise die finanziellen Möglichkeiten. Da die nachgefragten digitalen Fähigkeiten momentan nicht ausreichend am Arbeitsmarkt oder in der eigenen Belegschaft zu finden sind, müssen viele heimische Betriebe ihr Tempo drosseln oder Abstriche machen. Ohne geeignetes Personal und die Finanzspritzen können viele Unternehmen nicht so stark in Zukunftstechnologien investieren, wie sie gerne würden.

Digitales Österreich: gute Noten für Standort, aber Mangel an qualifiziertem Personal

Die heimischen Unternehmen sind aktuell mit den Rahmenbedingungen für digitale Transformation in Österreich zufrieden. Mehr als sieben von zehn Mittelständlern (72 %) bewerten Standortbedingungen für Digitalisierung positiv – jeder vierte (25 %) hält sie für mittelmäßig. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als noch 62 Prozent und damit zehn Prozentpunkte weniger dem Wirtschaftsstandort gute Noten hinsichtlich der Digitalisierung ausgestellt haben.

Vor allem die Leistungsfähigkeit der digitalen Infrastruktur – also der Zugang zu hohen Bandbreiten und Handyempfang – wird von mehr als zwei Dritteln (78 %) positiv bewertet. Mit den Kooperationspartnern vor Ort sind 74 Prozent zufrieden – im Gegensatz zum letzten Jahr mit 55 Prozent. Besonders hoch ist die Leistungsfähigkeit laut den befragten Betrieben in Wien (90 %), Tirol (85 %) und Vorarlberger (83 %) – klares Schlusslicht ist das Burgenland (64 %). 

Die digitale Infrastruktur in Österreich hat den Corona-Stresstest grundsätzlich sehr gut bewältigt. Trotzdem von einem Tag auf den anderen quasi das ganze Land auf digitale Zusammenarbeit umgestellt hat, gab es keine größeren Probleme oder Leistungseinbrüche. Das ist ein positiver Befund. Allerdings braucht die zunehmende digitale Vernetzung von Menschen und Maschinen eine laufende Weiterentwicklung des Netzes, insbesondere durch den Glasfaserausbau und das Forcieren von 5G. Da 5G die Grundlage für zahlreiche technologische Weiterentwicklungen wie beispielsweise in den Bereichen Internet of Things oder Autonomes Fahren ist, hängt die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs maßgeblich davon ab, diese Pläne konsequent weiterzuverfolgen und umzusetzen. Nach der Coronakrise mehr denn je.

Die Verfügbarkeit von Fachkräften mit digitalen Kompetenzen am Standort Österreich bleibt hingegen eine ernstzunehmende Baustelle: Nur 31 Prozent der Unternehmen finden aktuell ausreichend qualifizierte Mitarbeiter. Bis auf Wien und Tirol haben alle anderen Bundesländer – besonders Burgenland (40 %), Oberösterreich (39 %) und Vorarlberg (38 %) – mit dem Mangel an qualifiziertem Personal für Digitalisierungspläne zu kämpfen.

Wien und Vorarlberg sind Hotspots der Digitalisierung

Im Bundesländer-Ranking liegen Unternehmen mit Sitz in Vorarlberg vorne: 40 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Digitalisierung bereits jetzt sehr wichtig für das eigene Geschäftsmodell ist, für weitere 42 Prozent ist sie wichtig. Dicht dahinter folgen Unternehmen in Wien (37 % sehr wichtig, 46 % wichtig) und Salzburg (31 % sehr wichtig, 43 % wichtig). Am wenigsten wichtig für das eigene Geschäftsmodell sind digitale Technologien bei Unternehmen in Oberösterreich (25 % sehr wichtig, 52 % wichtig) und dem Burgenland (25 % sehr wichtig, 50 % wichtig).


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