Eine Person, die die digitale Schnittstelle berührt. Interaktion mit dem Unbekannten und kosmische Erforschung

KI in der öffentlichen Verwaltung – der Hofrat ohne Gesicht?

Die vergangenen Jahre haben Entscheidungsträger:innen im öffentlichen Sektor durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt. Die Covid-19-Pandemie, Krieg in Europa, Energiekrise, unaufhörliche Bedrohungen aus der Cyber-Sphäre und der Klimawandel haben tiefe Spuren hinterlassen.

Ein Beitrag von Martin Bodenstorfer und David Kirsch


Überblick

  • Pensionierungswellen gefährden Wissensbestände; KI als Lösung?
  • KI entlastet Personal und steigert Effizienz in der Verwaltung.
  • Strategische KI-Planung als Schlüssel für moderne Verwaltung.

Pensionierungswellen in der öffentlichen Verwaltung schicken unschätzbares Wissen regelmäßig in den Ruhestand, ohne dass ein adäquater Ersatz in Sicht ist. Der öffentliche Sektor steht vor der Herausforderung, seine Attraktivität als Arbeitgeber für junge Talente zu steigern. In deren Wahrnehmung spiegelt sich der Bedarf nach einer moderneren und dynamischeren Darstellung der Karrieremöglichkeiten, die der Sektor bieten kann. Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der jüngeren Generation und den veralteten Auffassungen langjähriger Mitarbeiter:innen ist manchmal frappierend.

Dazu kommt ein dramatischer Personalmangel, der die Verwaltung und ihre Angestellten bereits jetzt an ihre Grenzen bringt. Kritische Prozesse geraten ins Stocken, wie das Beispiel von Sachsen-Anhalt ohne Datenschutzbeauftragte:n seit 2018 schmerzlich vor Augen führt. Und als wäre das nicht genug, steigt die Arbeitsbelastung unaufhörlich, während die Produktivität stagniert. „Jede vierte Überstunde ist unbezahlte Gratisarbeit“, rechnete kürzlich die Gewerkschaft vor. Damit steigt auch die psychische Belastung: Burnout ist keine Seltenheit mehr; 40 Prozent aller erwachsenen Österreicher:innen hätten bereits Anzeichen einer Überlastung, so eine rezente Studie.

„Irgendwas mit KI?“ – Ja, aber!

Die Verlockung, einfache Lösungen für komplexe Probleme vorzuschlagen, ist angesichts der unzähligen Herausforderungen verständlich. Die Verlockung, auf den aktuell fahrenden Zug der künstlichen Intelligenz (KI) aufzuspringen, ist groß. Doch „Irgendwas mit KI“ wird nicht die Lösung sein.

KI entwickelt ihren Nutzen nicht isoliert, sondern entfaltet ihre Stärken erst in Verbindung mit den bereits eingesetzten Systemen und Anwendungen. Für einen reibungslosen Übergang sollte die Implementierung von KI anfangs auf die bestehenden internen Softwarelösungen abgestimmt werden. Die Einführung von KI muss daher sorgfältig überdacht und in eine umfassende Strategie eingebettet werden.

KI-Strategie als Baustein für eine resiliente Verwaltung

Das volle Ausmaß des Paradigmenwechsels, den KI verspricht, wird vielleicht erst rückblickend erkennbar sein. Ähnlich wie Windows 95 heute als Symbol einer vergangenen digitalen Ära gilt, könnte ChatGPT in fünf Jahren als nostalgische Erinnerung an den Beginn einer neuen digitalen Revolution betrachtet werden.
 

Und doch bietet KI das Potenzial, den öffentlichen Sektor grundlegend zu transformieren und zur Krisenvorsorge beizutragen. So kann durch generative KI im Wissensmanagement dem Wissensverlust der Pensionswelle entgegengewirkt werden. Predictive Maintenance und KI-unterstützte Netzwerküberwachungstools können im Sinne eines digitalen Humanismus entscheidend dazu beitragen, das Personal zu entlasten.
 

Die Einführung einer holistischen KI-Strategie, die auf Prozessautomatisierung und intelligente Dokumentenauslese abzielt, kann maßgeblich zur Entlastung beitragen und psychische Stressfaktoren reduzieren. KI ermöglicht eine effizientere und humanere Verwaltung, indem zeitaufwendige Routineaufgaben automatisiert und die Mitarbeitenden für anspruchsvollere und kreativere Aufgaben freigestellt werden.
 

KI ist nicht nur in der Lage, Sprachen zu erkennen und effektiv bei der Beantwortung von Anfragen in verschiedenen Sprachen zu unterstützen, sondern bietet auch Kosteneffizienz, Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit, Schnelligkeit und Flexibilität. Öffentliche Institutionen können so einen präzisen und kosteneffizienten Service bereitstellen, der die Qualität der Dienstleistungen verbessert und das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung stärkt. Eine KI-Strategie kann als innovative Form der Krisenprävention dienlich sein, die durch Verbesserung der Anpassungsfähigkeit mittels einfacher Skalierbarkeit in die Zukunft investiert und die Krisenresilienz der öffentlichen Verwaltung verstärkt.

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KI-Strategie als Eckpfeiler des digitalen Humanismus in der Verwaltung

KI bietet Lösungen an Schmerzpunkten, an denen die Verfügbarkeit menschlicher Arbeitskraft an ihre Grenzen stößt. Durch die Automatisierung routinemäßiger Aufgaben und die intelligente Analyse von Daten ermöglicht sie eine effizientere Nutzung der oftmals begrenzten Ressourcen. Die Implementierung einer durchdachten KI-Strategie wird somit zum Eckpfeiler des digitalen Humanismus in der Verwaltung, indem sie nicht nur zur Effizienz beiträgt, sondern auch das Wohl in Form einer Entlastung der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt. Dadurch wandelt sich die Rolle der KI von einer rein technologischen Hilfe zu einem Instrument, das die menschliche Arbeit sinnvoll ergänzt und bereichert.

Durch den Einsatz von KI können öffentliche Institutionen einen schnellen, präzisen und kosteneffizienten Service für Bürger:innen auf globaler Ebene bereitstellen. Durch die Integration von KI in die Prozesse kann die Organisation der Bevölkerung einen Rund-um-die-Uhr Service bieten, unabhängig von ihrer Sprache und Herkunft.

Die Verbesserung der Transparenz und Bürger:innen-Nähe kann als weiteres Ziel einer KI-Strategie definiert werden. KI-gestützte Datenanalyse und Prozessautomatisierung können dazu beitragen, den Bürger:innen präzisere und schnellere Feedbacks zum Bearbeitungsstand von Anträgen zu geben.

Durch den Einsatz von KI-Strategien können Bürger:innen-Anliegen und deren Anfragen schneller und direkter beantwortet werden, was zu einer höheren Zufriedenheit der Bürger:innen führt und in letzter Konsequenz das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung stärkt.

Angesichts des exponentiellen Anstiegs der Datenmengen, die durch den Einsatz von KI generiert und verarbeitet werden, steht der öffentliche Sektor vor der Herausforderung, geeignete Speicherlösungen zu finden. Bisher erfolgt die Datenspeicherung in vielen Projekten des öffentlichen Sektors noch direkt vor Ort (On-Prem), was bedeutet, dass die Daten auf internen Computersystemen gespeichert werden. Diese Vorgehensweise stößt jedoch zunehmend an ihre Grenzen, da der wachsende Datenbedarf eine flexible und skalierbare Lösung erfordert.

Hier rückt die Cloud-Technologie in den Fokus, die mit ihrer Fähigkeit zur Bereitstellung umfangreicher IT-Dienstleistungen und Rechenkapazitäten eine vielversprechende Antwort bietet. Eine große österreichische Government-Cloud könnte als zentrale Plattform für alle föderalen Organisationen dienen, um die Effizienz zu steigern und die Verwaltung moderner und flexibler zu gestalten. Eine solche nationale Cloud-Initiative würde es ermöglichen, Ressourcen gemeinsam zu nutzen und gleichzeitig die Datensouveränität und Sicherheit zu wahren.

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    Fazit

    Die Integration von künstlicher Intelligenz in den öffentlichen Sektor erfordert Mut, eine klare Vision und die Bereitschaft, bestehende Strukturen zu überdenken. „Irgendwas mit KI“ reicht nicht – es bedarf einer durchdachten KI-Strategie, die sowohl die Technologie als auch den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Nur so kann der öffentliche Sektor resilient gemacht und auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet werden. KI steht nicht nur für technologische Innovation, sondern symbolisiert einen Leuchtturm der Krisenvorsorge für eine Verwaltung, die den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sein will.

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