Die internationale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Limited ist ein Schweizer Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das Dienstleistungen für Kunden in der Schweiz erbringt.
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Die Leerstandsquoten in der Schweiz sind auf einem historischen Tiefstand und Experten von Bund und Wirtschaft erwarten eine Wohnungsknappheit in den kommenden Jahren. Wie konnte es dazu kommen und was müsste man tun, um diese zu entschärfen?
Die Situation ist komplex und resultiert aus einer Kombination von steigender Nachfrage und stagnierendem Angebot. Die Schweiz verzeichnet seit Jahren eine hohe Netto-Immigrationsrate, wobei die Neuzuwanderer vor allem städtischen Wohnraum suchen und dort die Nachfrage kontinuierlich erhöhen. Zudem verzeichnet das Land einen stetigen Anstieg des Flächenverbrauchs pro Kopf – ein Trend, der sich erst in jüngster Zeit abzuschwächen scheint. Auf der Angebotsseite haben Politik und Behörden mit dem revidierten Raumplanungsgesetz versucht, die bauliche Verdichtung zu fördern und der Zersiedelung entgegenzuwirken. Dessen Umsetzung hat jedoch in der Praxis zu einer Verknappung des Wohnraums geführt und die erhoffte Verdichtung nach innen scheint aufgrund von Einsprachen und Auflagen nicht wie gewünscht zu funktionieren. Auch sind verbleibende Wohnbauparzellen zerstückelt oder schlecht erschlossen. Es gibt politische Bestrebungen, Einspracherechte anzupassen, um die Realisierung von Bauprojekten zu erleichtern. Ein weiterer Hebel zur Verbesserung des Angebots wäre eine Vereinfachung der meist langwierigen und mit immer mehr Auflagen versehenen Baubewilligungsverfahren. Schliesslich muss sich die Politik auch die Frage stellen, ob das Raumplanungsgesetz seine Ziele erreicht hat und gegebenenfalls eine Neuauflage vorlegen. Die Implenia Gruppe hat insbesondere bei Arealentwicklungen gute Erfahrungen mit partizipativen Prozessen gemacht, bei denen die relevanten Anspruchsgruppen eines Bauprojekts von Anfang an zum Dialog eingeladen und miteinbezogen werden.
Die Verschärfung des Mietrechts ist in einigen Schweizer Kantonen bereits Tatsache oder wird diskutiert, um erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Wie wirken sich Ihrer Meinung nach solche Mietpreisregulierungen wie beispielsweise das LDTR (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation in Genf, oder das WRFG (Wohnraumfördergesetz) in Basel auf den Immobilienmarkt aus?
Solche Lösungsansätze führen zu lokalen und isolierten Phänomenen. Dort, wo die Mietpreisbremse gilt, sind die Mieten vielleicht niedriger. Aber in den angrenzenden und nicht- oder schwach-regulierten Gebieten steigen die Preise für Wohnraum überproportional. Dies kann über Jahrzehnte im Raum des Lac Léman zwischen Genf und Lausanne beobachtet werden und ist statistisch belegt. Die Regulierung reduziert auch den Anreiz der Investoren für Neu- und Umbauten. Ich habe einige Jahre in Mietwohnungen in Genf gelebt und die Auswüchse der ausbleibenden Investitionen in den Liegenschaften selbst erlebt. Die Wohnqualität verschlechterte sich teilweise dramatisch. Das kürzlich in Basel eingeführte Wohnraumfördergesetz zeigt bereits erste Verlangsamungen von Investitionsvorhaben, Immobilien-Transaktionen sowie auch Wertkorrekturen. Selbstverständlich ist die Diskussion über bezahlbaren Wohnraum wichtig. Die Bevölkerung ist von Inflation, steigenden Mieten und Gesundheitskosten betroffen. Wohnraum ist an vielen Standorten fast unerschwinglich geworden. Als Gesellschaft müssen wir uns Gedanken machen über die zukünftigen Arbeits-, Wohn- und Transportformen. Müssen wir wirklich alle an Toplagen im Zentrum oder urbanen Lagen leben? Und falls ja, warum soll Verdichtung und höheres Bauen an attraktiven Zentrumslagen einfach und kostengünstig durch Einsprachen blockiert oder verhindert werden können? Sollten wir nicht Grossüberbauungen mit zeitgemässen Mischnutzungen in Städten oder Agglomerationen ermöglichen, die sowohl Arbeits- als auch Wohnort sind? Die idealerweise auch den Aspekten des generationenübergreifenden Wohnens oder dem Wohnen für sozial Schwächere Rechnung tragen? Warum können Büroflächen nicht einfacher in Wohnraum umgewandelt werden? Werden solche Bauvorhaben über Jahre mittels partizipativer Verfahren und mit Unterstützung der öffentlichen Hand sorgfältig vorbereitet, dann aber trotzdem von der Stimmbevölkerung abgelehnt (wie in der Stadt Zürich vor einigen Jahren geschehen), dürfen wir uns nicht über Wohnungsmangel beklagen. Es braucht daher die Kompromissfähigkeit aller Akteure der Gesellschaft, eine Ausgewogenheit von Projektmodellen und Rahmenbedingungen.