Josef Zotter

Geschäftsführer Zotter Schokolade

Herr Zotter, was bedeutet für Sie MUT?

Riedl Glass

Vertreter Östereichs beim World Entrepreneur Of The Year 2016

Mut hat viele Gesichter, gerade wenn man ein Unternehmer ist. Ich habe es in meiner 33-jährigen Unternehmergeschichte eigentlich nie als belastend gefunden, dass von Unternehmern geradezu erwartet wird, dass sie Mut haben. Im Gegenteil, mit dem Mut ist es ein bisschen wie mit Sport: Nur man selbst zwingt sich zu Ehrgeiz und Höchstleistungen.

Mut ist wichtig, aber nur in der richtigen Dosis. Es ist falsch zu glauben, dass die Gründung eines Unternehmens eine Mutprobe im Sinne von „Augen zu und durch“ ist. Wer glaubt, ein Unternehmen zu gründen und zu leiten ist wie von einer Brücke springen, sollte lieber nicht Unternehmer werden. Natürlich kann ich 1.000 Gründe oder Situationen aufzählen, wo man Mut braucht. Aber Mut allein schützt nicht vor dem Scheitern.

Die Möglichkeit zu scheitern hängt von ganz vielen Dingen ab, vermutlich auch von Glück – was immer das ist. Ich weiß, wie sich scheitern und Pleite gehen anfühlt. Ich werde oft gefragt, was ich in meinem zweiten Leben als Unternehmen anders gemacht habe. Ehrlicherweise ist die Antwort einfach: Im Grunde nichts, außer mit weniger Fremdkapital zu arbeiten.

Ich glaube fest daran, dass neben Mut auch Haltung ganz entscheidend ist. Ich bin mir immer treu geblieben und handle nach dem Grundsatz „Was du nicht willst was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“. So sind wir erfolgreich geworden.

Ich möchte speziell jungen Gründerinnen und Gründern den Mut zu Geduld und Durchhalten ans Herz legen. Wer darauf hofft, eine App zu programmieren und dann damit das schnelle Geld zu machen, kann auch Lotto spielen. Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer muss für sich selbst reflektieren, ob man seine Idee ehrlich überzeugt und ehrlich begeistert verfolgen kann. Die Frage ist ganz einfach: Würde ich bedingungslos mein Produkt auch für mich selbst oder meine Familie zu diesem Preis kaufen?

In dem Moment, wo man ausschließlich für den Markt produziert, Kopien anfertigt und den Markt beschuldigt, wenn er den Preis nicht bezahlen will, hilft der ganze Mut nichts mehr. In einem reinen marktgetriebenen Preiskampf wird man früher oder später immer scheitern. Ich glaube, dass ich damals vor allem gescheitert bin, weil ich mit meinen handgeschöpften Schokoladen zu früh war und hohe Kredite aufgenommen habe, die ich nicht zurückzahlen konnte.

Wofür es wirklich viel Mut braucht, sind Businesspläne. Dort musst du eine Zukunft vorhersagen, die keiner kennt. Für dieses Fantasieren braucht es wirklich viel Mut. Mein Tipp für junge Unternehmerinnen und Unternehmer: Spart euch die Zeit und startet lieber schnell damit, eure Idee in die Wirklichkeit umzusetzen. Es ist völlig normal, dass man am Anfang Fehler macht. Das gehört dazu. Wenn man zu lange an Businessplänen schreibt, bekommt man Angst. Angst bremst und wirft dich hinter den Mitbewerb zurück. Denn eines ist klar: Unternehmer sein ist ein Wettbewerb und ich muss irgendwas besser machen als meine Konkurrenz. Um einen Marktvorteil zu bekommen, braucht es den Mut zu beginnen und aus Fehlern zu lernen, aber ebenso den Willen zu gewinnen und besser zu sein.

Es braucht auch Mut, Wachstum langsam anzugehen. Es muss nicht immer alles schnell wachsen. Wenn man nicht kapitalgetrieben ist, gibt es ein natürliches Wachstum – und das ist eben nicht immer schnell. Ich habe mir als Unternehmer viel von der Natur abgeschaut: Bäume wachsen bekanntlich nicht in den Himmel. Aber wenn man immer wieder neue Bäume pflanzt, entsteht ein Wald, in dem sich viele Bäume gegenseitig vor Stürmen schützen. Auf Unternehmertum übertragen heißt das: Unbedingt auf Vielfalt setzen und nicht von einer Idee abhängig sein. Das zeichnet erfolgreiche, mutige Unternehmerinnen und Unternehmer aus.