3 minute read 23 Sep 2020
Das Delegationsmodell unter Druck

Das Delegationsmodell unter Druck

By Norman Finster

EY Luxembourg Consulting Partner, Alternative Investments Leader

Wine enthusiast with a liking for Luxembourgish and German Riesling. Opera and classical music lover.

3 minute read 23 Sep 2020

Herausforderungen luxemburgischer Investmentfondsmanager.

D
ie Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat im Rahmen der Überprüfung der AIFM-Richtlinie und ihrem im August an den zuständigen EU-Kommissar verfassten Brief besonders auf Risiken im Rahmen der Delegierung von Aufgabenbereichen durch Investmentfondsmanager (IFM) hingewiesen. Diese konkreten Kritikpunkte umfassen insbesondere erhöhte operationelle Risiken, regulatorische Arbitrage und das Problem der Qualifizierung bestimmter Auslagerungen als Delegierung, wie z.B. die Auslagerung von Research im Rahmen der Portfolioverwaltung. Während Luxemburg in regulatorischer Hinsicht durch das CSSF-Rundschreiben 18/698 gute Vorarbeit geleistet hat, sehen sich IFM nicht nur regulatorischen, sondern auch technischen Herausforderungen im Hinblick auf die Auswahl und die fortlaufende Überwachung delegierter Aufgabenbereiche gegenüber. Die richtige Technologie, unterstützt durch daran anknüpfende Dienstleistungen (Managed Services), kann hierbei Abhilfe schaffen. Es gibt jedoch einige Fallstricke zu beachten.

Das Delegationsmodell als Teil des Geschäftsmodells luxemburgischer IFMs

Die rechtlich fixierten Kernaufgaben eines IFM bestehen in der Portfolioverwaltung, dem Risikomanagement, der Verwaltung und des Vertriebs. In der Regel wird ein IFM nicht all diese Aufgaben selbst wahrnehmen, sondern sie an einen oder mehrere Geschäftspartner delegieren. Um zu verhindern, dass der IFM nur noch als bloße rechtliche Hülle dasteht, regeln gesetzliche und aufsichtsrechtliche Bestimmungen das maximal erlaubte Ausmaß der Delegierung bzw. die minimal von dem IFM einzuhaltende Substanz.

Im Hinblick auf das Ausmaß und die Komplexität ihres Delegationsmodells können sich IFMs erheblich voneinander unterscheiden, was sich nicht notwendigerweise in Abhängigkeit ihrer Gröẞe, gemessen an der Höhe des verwalteten Vermögens oder der Anzahl der verwalteten Fonds, widerspiegelt. Ein luxemburgischer IFM eines Finanzkonzerns, der ausschließlich konzerninterne Produkte verwaltet und Aufgaben an andere Konzerngesellschaften delegiert, kann somit ein wesentlich einfacheres Modell aufweisen als ein IFM, der seine Dienstleistungen von ihm unabhängigen Fondsinitiatoren anbietet (sog. 3rd Party ManCos/AIFMs). 

Herausforderungen im Hinblick auf gestiegene regulatorische Anforderungen und Markttrends 

Art und Umfang der Delegierung unterlagen in den vergangenen Jahren einem stetigen Wandel. Lag der Fokus der selbst erbrachten Dienstleistungen vor fünf Jahren noch hauptsächlich auf dem Bereich der Verwaltung, so haben die Funktionsanforderungen der AIFM-Richtlinie wie auch Substanzanforderungen an luxemburgische IFM dazu geführt, dass diese heute höherwertige Dienste betriebsintern erbringen, wie z.B. das Risikomanagement und die Portfolioverwaltung. Eine gegenläufige Entwicklung ist bei Verwaltungsaufgaben zu beobachten. Erhöhte regulatorische Anlegertransparenzanforderungen (z.B. durch MiFID II und PRIIPS) und in diesem Zusammenhang gestiegener Margendruck haben dazu geführt, Back-Office-Aufgaben vermehrt auszulagern, um sich auf die zuvor genannten höherwertigen Dienstleistungen konzentrieren zu können. Unabhängig von dieser Entwicklung wurden die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf Delegierungsvereinbarungen weiter ausgearbeitet. Bestanden vor Einführung des CSSF-Rundschreibens 18/698 schon entsprechende Sorgfaltspflichten, so hat dieses die konkreten regulatorischen Erwartungen in Bezug auf die Auswahl, die Vertragsgestaltung und die fortlaufende Überwachung kodifiziert. Im Rahmen der Überarbeitung der AIFM-Richtlinie sind weitere rechtliche Klarstellungen im Hinblick auf Art und Umfang der Delegierung zu erwarten. 

Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung von Arbeitsprozessen

Die größte Herausforderung, der IFMs im Rahmen der Implementierung der Erfordernisse des Rundschreibens gegenüberstanden, war die Formalisierung der entsprechenden Arbeitsabläufe, einschließlich der internen Kontrollen. In diesem Zusammenhang hat sich gezeigt, dass IFMs im Vergleich zu anderen Akteuren im Finanzsektor technologisch sehr schwach aufgestellt sind. Auch bei größeren IFMs werden die meisten Aufgaben heute noch manuell oder mit einfachen Office-Anwendungen erledigt. Selbst auf mittelfristige Sicht ist eine solche Situation nicht tragbar, da sie mit unverhältnismäßig großen Risiken verbunden ist, die im schlimmsten Fall die Reputation des gesamten Finanzplatzes aufs Spiel setzen. Während die meisten IFMs erkannt haben, dass bei ihnen konkreter technologischer Handlungsbedarf besteht, gestaltet sich die Umsetzung dennoch überwiegend schwierig. Ein weit verbreiteter Grund hierfür ist das Fehlen einer IT-Strategie, die sich an den konkreten Bedürfnissen in Bezug auf die zu automatisierenden Arbeitsabläufe orientiert. Des Weiteren verfolgen die gegenwärtig verfügbaren IT-Lösungen und die daran anknüpfenden Dienstleistungen so gut wie nie einen ganzheitlichen Ansatz, sondern sind meist nur auf Teilaufgaben oder spezielle Delegierungsverhältnisse fokussiert. Als Beispiel für den ersten Fall wären Workflow-Applikationen zu nennen, die die Erstellung, Verwaltung und Auswertung von Due Diligence-Fragebögen unterstützen, ihre entsprechenden Daten jedoch nicht mit denen aus den zugrundeliegenden Verträgen automatisch verknüpfen können. Der zweite Fall gilt beispielsweise für Dienstleister, die sich auf den Fondsvertrieb als Delegierungsverhältnis spezialisiert haben. 

Der Weg in die Zukunft: Zentralisierte Datenbanken, automatisierte Arbeitsabläufe, „Managed Services“

Wie bereits zuvor erwähnt, steckt die Digitalisierung der IFMs noch immer in den Kinderschuhen. Sie wird sich in den kommenden Jahren allerdings rasant entwickeln, da das Hauptproblem nicht in der Entwicklung, sondern in der intelligenten Verknüpfung vorhandener Technologien liegt. Zu oft orientieren sich Diskussionen innerhalb von IFMs im Hinblick auf deren Digitalisierung noch an IT-Applikationen, da diese mit beindruckenden Graphiken und Funktionalitäten aufwarten. Ein solcher Ansatz greift allerdings zu kurz und führt früher oder später in eine Sackgasse, da IFMs eine effektive Digitalisierungsstrategie entwickeln müssen. Dies betrifft nicht nur das beschriebene Problem im Hinblick auf ihr Delegationsmodell, sondern auch die Erstellung einer ganzheitlichen zentralen Datenbank. Nur wenn alle geschäftsrelevanten Daten einheitlich und zuverlässig erfasst sowie entsprechend gepflegt werden, kann die Automatisierung von Arbeitsabläufen anhand entsprechender Workflow-Applikationen gelingen. Ein Beispiel: Im Falle der Verletzung einer Anlagebeschränkung durch einen externen Fondsmanager werden die im entsprechenden „Incident Report“ von der Administrationsstelle erfassten Daten taggleich und automatisch in das Monitoringsystem der Abteilung „Delegation Oversight“ einfließen. Daraufhin werden Warnhinweise seine Risikoklassifizierung und die damit zusammenhängenden Überwachungsmaßnahmen des IFM betreffend ausgelöst. Noch ist ein solches Szenario aufgrund unterschiedlicher Systeme und Datenbanken Zukunftsmusik, jedoch innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre nicht unrealistisch. Das Aufsetzen und Pflegen einer solchen Datenbank setzt allerdings nicht unwesentliche Ressourcen voraus und ist daher oft für einzelne IFMs nicht wirtschaftlich. Aus diesem Grund spezialisieren sich einige Dienstleister im Rahmen ihrer Managed Services-Strategie nicht nur auf die Bereitstellung der entsprechenden Infrastruktur und darauf aufsetzender IT-Applikationen, sondern auch auf entsprechende personelle Dienstleistungen, wie z.B. Datenerfassung und Datenpflege. Im Rahmen der „Delegation Oversight“ können solche Dienste jedoch noch ausgedehnt werden, wie zum Beispiel auf die Unterstützung im Rahmen der Erstellung und Auswertung von Due Diligence-Fragebögen oder gar auf die Durchführung von „on-site visits“ bei Vertragspartnern. Die Integration dieser verschiedenen IT-bezogenen und personellen Dienstleistungen zu einem harmonischen Gesamtpaket wird für IFMs im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie einen erheblichen Mehrwert darstellen, auch aufgrund der Tatsache, dass sich hierdurch langfristig erhebliche Kostenreduzierungen erreichen lassen werden. 

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