Die meisten Industriestaaten der Welt sitzen im selben Boot: Während die Lebenserwartung rasant steigt, sinken die Geburtsraten. Die Gründe dafür sind unter anderem wachsender Wohlstand und zunehmend effektivere Arzneimittel. Dadurch erhöht sich der Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft. In vielen Fällen geht der Altersanstieg jedoch mit einer Zunahme von komplexen und nicht selten chronischen Krankheiten einher. Demenz, Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme, Erkrankungen der Atemwegsorgane und zerebrale Durchblutungsstörungen zählen zu den vielen Krankheiten, die im hohen Alter häufiger werden.
Chronische Erkrankungen können sehr teuer werden. In der Regel, weil sie entweder kostspielige Behandlungsmethoden erfordern oder langfristige Therapien mit sich bringen.
Heute stehen Gesundheitssysteme weltweit bereits unter enormem finanziellen Druck. Die öffentliche Hand kürzt vielerorts Ausgaben für Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Arzneimittel, um Kosten zu sparen.
Für die Pharmaindustrie ergeben sich daraus sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Einerseits ist es nicht einfach, mit Gesundheitssystemen zu arbeiten, die auf Kostenreduktion fokussiert sind. Andererseits entsteht ein Markt mit neuen Dienstleistungen, die den Gesundheitssystemen helfen können, aus ihrer finanziellen Bredouille herauszukommen.
Die Pharmaindustrie hat die Chance, sich durch die Entwicklung entsprechender Dienstleistungsangebote neue Absatzmöglichkeiten zu erschließen. Nicht nur im traditionellen Bereich der Wirkstoffe, sondern auch im Angebot von Gesundheits- und Behandlungsdienstleistungen für Ältere und Kranke.
Unternehmen sollten daher versuchen, die ausgetretenen Pfade der üblichen Therapien und Strategien zu verlassen und neue Wege einzuschlagen. Die Branche braucht eine neue Vision und neue Geschäftsmodelle, die das Bestehende ergänzen.
Solche Geschäftsmodelle müssen sich auf das Angebot neuer Methoden für frühzeitige Krankheitserkennung und -vorbeugung konzentrieren. Besonders bei den altersbedingten Krankheiten ist die Prävention gegenüber den oft unangenehmen und teuren Behandlungen zu bevorzugen.
Die Pharmaindustrie sollte bei der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten auch auf zukunftsweisende Technologien zur Datenerhebung, -analyse und -auswertung setzen. Der Zugang zu Daten ist ein Schlüsselfaktor für Unternehmen der Branche. Daten sind für Unternehmen sowohl Effizienzindikator für ihre Produkte als auch Werkzeug für die strategische Entscheidungsfindung. Die neuen mathematischen Modelle der Datenerhebung liefern dabei nützliche Ansätze für eine präzisere Feststellung von Krankheitstrends sowie für die Messung der Wirksamkeit von Behandlungen.
Wie dringend all diese Aufgaben sind, zeigen die aktuellen Entwicklungen der Lebenserwartung. Statistisch gesehen, hatten Menschen, die 1970 in Deutschland geboren wurden, eine durchschnittliche Lebenserwartung von 67,2 Jahren (Männer) bzw. 73,4 Jahren (Frauen). Zehn Jahre später lagen die Erwartungen bereits bei 69,6 bzw. 76,3 Jahren. Und im Jahr 2015 geborene Jungen werden voraussichtlich 78,4 Jahre alt werden, die Mädchen 83,4 Jahre.
Ein Leben in der Schweiz scheint noch gesünder zu sein. 1981 geborene Männer konnten ein Alter von 72,4 Jahren erwarten; bei Frauen waren es 79,2 Jahre. 1991 lag die Lebenserwartung für Männer bereits bei 74,1 Jahren und für Frauen bei 81,2 Jahren. Bis zum Jahr 2015 hatte sich die Prognose erneut auf 80,7 Jahre (Männer) bzw. 84,9 Jahren (Frauen) verbessert. Die Lebenserwartungskurven verlaufen somit recht dynamisch.